In Putins Armen

Auf der Krim wird das Völkerrecht krass gebrochen, Deutsche sind in der Ost-Ukraine in Geiselhaft, Moskau baut frech eine militärische Drohkulisse gegenüber seinem Nachbarn auf. Und während westliche Regierungen unter deutscher Beteiligung den Verantwortlichen für all das, Wladimir Putin, zu isolieren suchen, herzt Ex-Kanzler Gerhard Schröder den Aggressor.

Ein verstörendes Bild. Irritierend muss es nicht zuletzt für Frank-Walter Steinmeier sein, den Außenminister, Parteifreund und alten Weggefährten Schröders.

Aber dessen Umarmung mit Putin am Montag in St. Petersburg zeigt: Der Ex-KGB-Agent im Kreml versteht es glänzend, Europa zu spalten. Schon in seiner feierlichen Rede zur Annexion der Krim verpackte er seine Drohungen in eine Botschaft aus Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen, die in einer schmeichelnden Werbung um das Verständnis der Deutschen gipfelte. Das Bild ihres Ex-Kanzlers mit Russlands Herrscher wird nun "Putin-Versteher" hierzulande bestätigen, die dessen gestriges Denken in Einflusszonen teilen.

Mag sein, dass es für den Vorsitzenden des Aktionärsausschusses der Nord Stream AG kaum möglich ist, einer Begegnung mit dem Staatschef des Landes zu entgehen, das sein Unternehmen kontrolliert. Aber hier zeigt sich erneut die Problematik an Schröders lukrativem Engagement für den Staatskonzern. Es war nie denkbar ohne seine Unterstützung für das Nordsee-Pipeline-Projekt als Kanzler und ohne die hochrangigen Kontakte, die sich das russische Unternehmen durch ihn sicherte. Es bleibt einer der anrüchigsten Wechsel von der politischen Macht in das warme Bett derer, die von ihr profitieren. Das Bild von der Umarmung in St. Petersburg, es ist symbolisch.

Aus Schröders Sicht freilich ist es konsequent. Hat er sich doch schon vor Wochen auf die Seite jener gestellt, die das Vorgehen von Moskaus neuem Zaren bagatellisieren. Er setzte die kaltschnäuzige Annexion der Krim lässig mit dem westlichen Eingreifen im Kosovo gleich, das erst nach langen diplomatischen Bemühungen und angesichts einer akuten humanitären Katastrophen erfolgte. Damit weckt er Zweifel an den Maßstäben seiner damaligen Entscheidung zum Kosovo-Einsatz.

Für deutsche Staatsoberhäupter gilt das ungeschriebene Gesetz: Einmal Präsident, immer Präsident, auch dafür gibt es den Ehrensold. Aber auch Kanzler müssen erkennen, dass sie stets Repräsentant Deutschlands bleiben. Nicht umsonst werden sie ein Leben lang als Bundeskanzler angesprochen und verfügen über eine Ausstattung. Gerade im Ausland sollten sie sich so verhalten, dass sie das Handeln Berlins nicht konterkarieren - erst recht nicht, wenn die eigene Partei die Verantwortung für die Außenpolitik trägt.

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