In der CSU brodelt es nur hinter verschlossenen Türen

München · Wer soll in Zukunft an der Spitze der CSU und des Freistaats Bayern stehen? Sollen beide Ämter in einer Person vereinigt bleiben? Muss der CSU-Vorsitzende in Berlin am Kabinettstisch sitzen? Über alle diese Fragen denkt der amtierende CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer seit Wochen laut nach. Zu oft und zu laut, grummelte es aus der CSU-Landtagsfraktion . Als Seehofer einmal nicht an einer CSU-Fraktionssitzung teilnahm, kamen kritische Wortmeldungen vor allem von jungen Abgeordneten über die "lauten Selbstgespräche" des Partei- und Regierungschefs. Am Mittwoch beschwerte sich Seehofer bei einer Aussprache über die "Unverschämtheit", ihn in seiner Abwesenheit anzugehen, die Kritiker wiederholten ihre Kritik zurückhaltender. Ein "Sturm im Wasserglas", stellte ein Parlamentarier am Ende fest.

Die Stimmung in der CSU eine Woche vor dem Parteitag ist angespannt, und es brodelt allerorten. Doch paradoxerweise sind sich langjährige Mitstreiter und Beobachter einig: Auf dem großen Parteikonvent mit fast 1000 Delegierten wird es weder Überraschungen noch einen Eklat geben. Die Christsozialen wollen unter anderem der CDU zeigen, wie geschlossen sie hinter der Flüchtlingspolitik von Parteichef Horst Seehofer stehen. Gleichzeitig mehren sich aber auch die Friedenssignale gegenüber der Schwesterpartei.

Mit einigem verstecktem Schmunzeln wurde nach Teilnehmerangaben auf der jüngsten Sitzung der CSU-Landtagsfraktion zur Kenntnis genommen, dass Seehofer bei seinen abstrakten strategischen Überlegungen niemals konkrete Personen im Auge gehabt haben will. Denn kaum einer in der CSU geht davon aus, dass die von Seehofer (im Gegensatz zu seiner früheren Ansicht) favorisierte Trennung von Ministerpräsidentenamt und Parteivorsitz nichts mit Finanzminister Markus Söder (CSU ) zu tun hat. Söder macht keinen Hehl daraus, dass er Seehofer in beiden Funktionen nachfolgen möchte.

Jetzt aber steht - vorläufig - fest, dass Seehofer zum nächsten CSU Wahl-Parteitag in einem Jahr das Amt des CSU-Vorsitzenden aufgeben will. Was nichts anderes heißen kann, als dass er - vorläufig - Regierungschef bleiben will. Keine Gelegenheit lässt Seehofer aus, zu betonen, dass 2017 der CSU-Vorsitzende , versehen mit einem Kernressort wie Inneres oder Finanzen, mit am Berliner Kabinettstisch sitzen muss. Warum eigentlich? "Weil das ja klar ist", hätte Seehofer-Vorvorgänger Edmund Stoiber lapidar geantwortet.

Wenn man bei Seehofers Machtspielen eins und eins zusammenzählt, ist klar: Wenn Söder ernsthaft nach Höheren strebt, muss er erst einmal an der Spitze der CSU-Liste für die Bundestagswahl kandidieren und dann nach Berlin gehen. Über die Mitkonkurrentin Ilse Aigner (CSU ) wird bezeichnenderweise nicht mehr geredet. Auf Söder, der partout nicht nach Berlin verschickt werden will, baut sich von Woche zu Woche stärkerer Druck auf. Das alles aber wird auf dem CSU-Parteitag sicherlich in den Gängen und Foyers, aber nicht auf offener Bühne verhandelt werden. Nach der Tagesordnung ist er ganz auf Seehofer-Bejubelung ausgelegt: Sowohl am Freitag wie am Samstag sind Reden des Vorsitzenden vorgesehen, aber kein Grußwort der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel. "Seehofer", sagt einer, der es wissen muss, "sitzt fest im Sattel."

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