In der Beck-Falle

Die harsche Reaktion von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigt, wie sehr der Fall Beck den Grünen den Wahlkampf verhagelt. Bislang lief es für Kretschmann prima im Ländle, seine Partei hat selbst die CDU in Umfragen knapp überholt.

Falls aber der Drogenvorwurf gegen Volker Beck den Blick auf die Grünen wieder verschiebt, dann könnte das Kretschmanns Wahlerfolg gefährden.

Denn eines ist doch klar: Der Absturz des prominenten Bundestagsabgeordneten ist dazu geeignet, alte Ressentiments gegen die Grünen wieder ans Tageslicht zu fördern. Je enger das Rennen ist, je näher der Wahltag 13. März rückt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der politische Gegner auf dieser Anti-Grüne-Klaviatur spielt. Und die Melodie klingt wie folgt: Typisch Ökopaxe, wissen alles besser, sind aber selbst keine besseren Menschen. Wollen andere mit "Veggie Days" zwangsbeglücken und den Umgang mit Drogen liberalisieren wie einst, zur Zeit der Parteigründung, die Pädophilie. Ehrbare Bürger: Vorsicht vor dieser Partei! Das muss nicht verfangen, kann aber. Der Fall kommt damit zur Unzeit, weil er Wähler verunsichern könnte. Die Grünen stecken in der Beck-Falle.

Kretschmann hat mit seiner Person und seiner Politik viel dafür getan, dass sich seine Partei nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch im Rest der Republik in der bürgerlichen Komfortzone etablieren konnte. Mit seiner knurrigen, eher konservativen Art wildert der Ministerpräsident sogar im Revier strammer CDUler, was für einen Wahlerfolg im Ländle allerdings auch unabdingbar ist. Nur mag man es speziell in diesem Lager überhaupt nicht, wenn Werte hochgehalten und propagiert werden, an die man sich selbst nicht hält.

Deshalb muss Kretschmann, müssen die Grünen insgesamt den offenkundigen Drogenmissbrauch Becks so fürchten - und sich so massiv distanzieren. Es geht für sie um viel. Bleibt Kretschmann Ministerpräsident, wäre dies auch für die Bundestagswahl 2017 ein strategisches Signal, das die Partei wählbarer machen könnte. Scheitert er, könnte den Grünen eine Neuauflage der Konfrontation ihrer Parteiflügel ins Haus stehen. Und zwar mit Vehemenz.

Freilich gilt auch: Beck ist ein Einzelfall. Er scheint sich selbst verloren zu haben in den Turbulenzen des hektischen und kräftezehrenden politischen Alltags in Berlin. Abseits der strafrechtlichen Bedeutung seines Handelns kann man dies auch bedauern. Wahr ist gleichwohl, dass der 55-Jährige als Politiker eine Eigenschaft an den Tag gelegt hat, die er mit einigen seiner Kollegen teilt - die der Rechthaberei nämlich. Mag sein, dass der Beruf des Politikers und des Abgeordneten diese Attitüde mit sich bringen kann oder fördert. Nur läuft man dann eben auch Gefahr, besonders tief zu fallen. Wie jetzt Volker Beck .

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