In der Außenpolitik steht noch manches in Klammern

Berlin. Die Nato-Zugehörigkeit Deutschlands, die Stärkung der EU und die Sicherung des Existenzrechts Israels - bei den großen Eckpfeilern der deutschen Außenpolitik gibt es zwischen Union und FDP keinerlei Unterschiede. Und trotzdem waren die Verhandlungen in der Arbeitsgruppe Außen/Verteidigung/Entwicklung/Europa nicht einfach

Berlin. Die Nato-Zugehörigkeit Deutschlands, die Stärkung der EU und die Sicherung des Existenzrechts Israels - bei den großen Eckpfeilern der deutschen Außenpolitik gibt es zwischen Union und FDP keinerlei Unterschiede. Und trotzdem waren die Verhandlungen in der Arbeitsgruppe Außen/Verteidigung/Entwicklung/Europa nicht einfach. Vor ihrer gestrigen Schlussrunde, die bis zum Abend andauerte, hatten sich die Fachpolitiker zwar auf ein gemeinsames Papier geeinigt. Doch enthielt es weiterhin einige Formulierungen, die in eckigen Klammern stehen. Das sind Punkte, die auf höherer Ebene, zwischen den Parteipräsidien, geklärt werden müssen.Ganz oben rangiert dabei der Beitritt der Türkei zur EU. Die Union ist hier in ihrem Wahlprogramm glasklar: "Die Türkei erfüllt die Voraussetzungen nicht". Sie will Ankara nur eine "privilegierte Partnerschaft" zugestehen. Anders die FDP, die die Beitrittsverhandlungen "ergebnisoffen" führen will. Guido Westerwelle will seinen Start als Außenminister nicht belasten und das Thema ganz ausklammern. Vor allem die CSU aber dringt darauf, dass eine Absage im Koalitionsabkommen stehen muss. Bei diesem Niveau des Streits "können wir auf der Fachebene nichts mehr machen", sagte einer der Beteiligten. "Das ist jetzt Chefsache". Eine nahe liegende Lösung wäre eher peinlich: Nämlich jene Formulierung zu übernehmen, die 2005 die große Koalition gefunden hatte. Sie hatte sich ähnlich gestritten und dann geeinigt: Die Beitrittsverhandlungen werden ergebnisoffen weitergeführt, hieß es in dem Papier von Union und SPD. Sollte die Türkei die Bedingungen nicht erfüllen oder die EU nicht aufnahmefähig sein, dann solle Ankara ein "privilegiertes Verhältnis" zu Europa bekommen. Strittig blieb in der schwarz-gelben Arbeitsgruppe auch der genaue Zuschnitt des Außenministeriums. So beansprucht die Kanzlerin wie alle ihre Vorgänger eine mindestens ebenso große Kompetenz für Europa wie der Außenminister, der sie wiederum nicht weggeben will. Gerangel gibt es auch um die Entwicklungshilfe, die die FDP als eigenständiges Ressort auflösen und in das Auswärtige Amt integrieren möchte. Die Union steht hier unter dem Druck kirchlicher Gruppen, die das ablehnen. Möglicherweise werden beide Zuständigkeiten in der Schlussrunde als Paket miteinander verhandelt. Große Differenzen blieben bei der Wehrpflicht. Die FDP will klar deren Abschaffung und als ersten Schritt eine "sofortige Aussetzung" des Dienstes, die Union hält die Wehrpflicht ebenso klar für "auch in der Zukunft notwendig". Letztlich wird die FDP hier wohl einlenken müssen, denn in Koalitionsverhandlungen gilt immer der Grundsatz, dass etwas Neues nicht eingeführt wird, wenn es ein Partner partout nicht will. Und neu wäre eine Freiwilligenarmee. Dafür muss im Gegenzug auch wohl die Union auf eine neue Einrichtung verzichten, die Schaffung eines "nationalen Sicherheitsrates". Die regelmäßige Koordinierung der Sicherheitsorgane soll reichen. Ziemlich einig war man sich auf der Arbeitsebene wiederum, dass die Bundeswehr besser ausgestattet sein soll. Und für künftige Auslandseinsätze müsse es Extra-Geld außerhalb des Verteidigungsetats geben. Diese Forderungen freilich sind eine Einigung zu Lasten Dritter, nämlich des Bundeshaushalts, weswegen darüber die Parteichefs ihrerseits wohl noch einmal diskutieren werden. Gerade weil diese Punkte nicht in Klammern stehen.

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