Immerhin, wir sind Durchschnitt

Meinung · Das Saarland liegt nicht im sozialen Abseits der Republik. Dies ist die zentrale Botschaft der ersten Sozialstudie Saar. Und vielleicht noch dies: Am Werbe-Spruch vom Aufsteiger-Land ist durchaus was dran. Seit den 90er Jahren haben sich die Einkommen überdurchschnittlich gut entwickelt, hat sich das Land dem Bundes-Niveau angenähert

Das Saarland liegt nicht im sozialen Abseits der Republik. Dies ist die zentrale Botschaft der ersten Sozialstudie Saar. Und vielleicht noch dies: Am Werbe-Spruch vom Aufsteiger-Land ist durchaus was dran. Seit den 90er Jahren haben sich die Einkommen überdurchschnittlich gut entwickelt, hat sich das Land dem Bundes-Niveau angenähert. Das haben alle Bürger und Parteien nun schwarz auf weiß - und die "gefühlte" Katastrophenlage müsste sich verflüchtigen. Die Saarländer sollten sich freuen, wie "durchschnittlich" sie leben. Insbesondere die SPD Saar forderte seit Jahren eine Datensammlung als Voraussetzung für solide Armuts-Bekämpfungs-Konzepte. Diese Hartnäckigkeit war gut und richtig: Wer Armut bekämpfen will, muss die Sachlage kennen. Nun hat die Opposition ihr Ziel erreicht - und ein Angriffsziel verloren. Es sei denn, die Landesregierung zeigte sich säumig bei der Umsetzung dessen, was gestern angekündigt wurde. Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) plant, die Hilfen für alleinerziehende Frauen auszubauen - vor allem aber, die Kinderarmut zu bekämpfen. Zu diesem Punkt gibt die Studie jedoch zu wenig her. Ein nicht ganz nachvollziehbares Manko, schließlich steht das Thema seit geraumer Zeit im Fokus der Öffentlichkeit. Nun muss und wird zusätzlich eine vertiefende Nachfolge-Studie kommen. Danach erst können umfassende Konzepte erarbeitet werden. Das wird dauern. Aber es gibt hier zu Lande längst Punkte, die man angehen könnte - und man kennt sie. Die Armutskonferenz Saar hat einen Sozialpass angeregt und ein kostenloses Schulessen gefordert. Man muss nicht lange raten, woran diese naheliegenden Schritte scheiterten: Am Geld. Wie sich überhaupt die Frage stellt, welche Spielräume ein Bundesland für Sozialpolitik hat, deren Grund-Züge der Bund bestimmt - und dies nicht zum Besten. Das belegt unter anderem der erste Kinderbericht der OECD, der Deutschlands Familienförderung als zu teuer und ineffizient beschrieb. Obwohl 20 Prozent mehr ausgegeben wird als im europäischen Schnitt, geht es den Kindern nur "mittelmäßig" gut. Der Grund? 40 Prozent der Gelder fließen direkt an Familien, in Dänemark oder Schweden nur 20 Prozent. Und dort gibt es weniger Kinderarmut. Was bedeutet dies auf Landesebene? Dass nicht alles über Geld laufen muss, und man mit Transfers direkt an Bedürftige vorsichtig umgehen sollte. Gutes Miteinander basiert auf Strukturen. Diese müssen nicht staatlich sein. Hier heißt es, mit den Pfunden zu wuchern, die diese Studie dem Saarland attestiert: hohes Bürger-Engagement.

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