Immer wieder sonntags
Meinung · Lohnt es überhaupt noch, dagegen zu sein? Gegen Sonntage, die sind wie alle übrigen Tage, an denen man schlemmen, Sport machen, shoppen kann - und arbeiten muss? Abgehakt scheint längst, was die saarländische Allianz für den freien Sonntag in seltener Harmonie von Kirchen, Gewerkschaften und Landesregierung jetzt fordert: den Sonntag als Moment der Ruhe gerade in der kommenden Adventszeit zu
Lohnt es überhaupt noch, dagegen zu sein? Gegen Sonntage, die sind wie alle übrigen Tage, an denen man schlemmen, Sport machen, shoppen kann - und arbeiten muss? Abgehakt scheint längst, was die saarländische Allianz für den freien Sonntag in seltener Harmonie von Kirchen, Gewerkschaften und Landesregierung jetzt fordert: den Sonntag als Moment der Ruhe gerade in der kommenden Adventszeit zu bewahren. Eher mutet das wie eine Kanzelrede an. Die verbliebenen Gemeindeglieder nicken brav zu den mahnenden Worten. Spätestens an der Kirchenpforte aber hat man anderes im Sinn, ob nun Braten oder Fußballplatz.Die Bestandsaufnahme zum alttestamentlich fixierten Tag des Herrn fällt jedenfalls sehr weltlich aus. Auch sonntags frische Frühstücksbrötchen: selbstverständlich. Im Urlaubsort ein sonntäglicher Einkaufsbummel? Klar. Und ist man in anderen Bundesländern unterwegs, gewöhnt man sich rasch daran, dass die letzten Besorgungen selbst am Samstag bis zehn Uhr abends möglich sind - anders als im Saarland gelten dort nahezu grenzenlose Öffnungszeiten. Es ist nicht bloß Bequemlichkeit, wenn solche Angebote gern genutzt werden. Ökonomisch befeuert, strebt unsere Gesellschaft nach ständiger Dienstleistungs-Optimierung. Alles soll quasi rund um die Uhr zur Verfügung stehen, und so müssen wir dann auch ackern: morgens, abends, nachts.
Zugleich verblasst die sonntägliche Dreifaltigkeit aus Kirchgang, Frühschoppen und Kaffeetrinken bei Oma. Die Bindungskraft der Kirchen lässt nach. Berufsbedingt sind viele Familien über die halbe Republik versprengt. Und wenn Kinder in den 80ern noch jammerten "Mir ist langweilig", so herrscht heute bunter Sonntags-Trubel. Man bruncht, startet zum Kurztrip oder bügelt endlich mal die Wäsche weg. Der nach biblischem Gebot besondere Tag wird verstopft durch Aktionismus. Was also soll das noch mit dem Ruhetag?
Doch mal anders gefragt: Was passiert, wenn man den Sonntag als Ausnahme einfach aufgibt? Unser Leben verlöre seinen Rhythmus. Auch weil viele im Beruf überlastet sind, ihren Alltag nicht mehr sinnvoll strukturieren, ist ein allgemein gesetzter Wechsel von Werktagen und Wochenende wichtig. Arbeiten und Ausruhen: Der Mensch braucht beides. Notwendige Ausnahmen von Ärzten über Polizisten bis hin zu Journalisten, die sowieso sonntags ran müssen, gibt es schon genug. Wir brauchen nicht auch noch Geschäfte, die an sieben Tagen öffnen. Das Saarland mit seiner vergleichsweise rigiden Regelung von nur vier verkaufsoffenen Sonntagen pro Kommune geht da weit genug. Einen Tag pro Woche auch zum geistigen Innehalten sollten wir uns leisten können.