Image-Kollaps für die Kultur

Ist das Kulturland Saar eine Hallodri-Bude? Zuerst schockte die Spesen-Affäre Melcher, dann wurde die vermeintlich schludrige Amtsführung im Rektorat der Musikhochschule enttarnt. Und jetzt schlagen die Empörungswellen rund um das Völklinger Weltkulturerbe hoch.

Der Rechnungshof rügt insbesondere ein überzogenes Gehalt, unanständige Pensionsansprüche und den dicken Dienstwagen des Generaldirektors. Ein weiterer Kultur-Skandal? Mitnichten.

Im Fall Weltkulturerbe ganz klar das krasse Versagen der politischen Führung. Einmal mehr taucht der Name des früheren Ministers Karl Rauber (CDU) auf. Der war 2011 auf Meinrad Maria Grewenig angewiesen, der für ihn den Retter bei der kollabierenden Stiftung Kulturbesitz spielen sollte. Viel zu weit kam ihm Rauber entgegen. Das Modell vorgegeben hatte freilich die SPD-Regierung unter Reinhard Klimmt. Auch sie engagierte 1999 Grewenig als "Superman" in einer Notsituation, nachdem dessen Vorgänger das Industriedenkmal runtergewirtschaftet hatte.

Und jawohl, Grewenig erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen, machte die Alte Hütte zu einem Prunkstück der Saar-Kultur. Also: Hut ab vor dem Kulturmanager - und Geldbeutel auf. Denn es gilt die Marktwahrheit: Will man Spitzen-Kultur-Institutionen im Land, muss man auch die Spitzengehälter von deren Chefs bezahlen. Ansonsten droht der Abstieg in die dritte Liga. Vor diesem Hintergrund ist die Höhe von Grewenigs Gehalt nicht wirklich ei n Thema, seine Pensionsansprüche umso mehr. Nach nur 20 Jahren 75,5 Prozent eines aktuellen 13 100-Euro-Gehaltes auf Lebenszeit - diese Regelung lässt sich nicht vermitteln.

Nicht nur wegen der Schuldenbremse und einer emotionalen Renten-Debatte, sondern weil sie inkonsequent ist. Denn bezahlt man Topkräfte in der Kultur wie Top-Manager, darf man ihnen gleichzeitig das Risiko befristeter Verträge nicht durch einen Alters-Beamtenstatus ersparen. Insofern ist die Landesregierung gut beraten, eine Änderungskündigung voranzutreiben. Zugleich ahnt man Symbolhandeln. Denn scheitert der Vorstoß, ginge der Weltkulturerbe-Chef schon morgen als hoch dotierter Frührentner spazieren.

Jawohl, das klingt nach Tollhaus. Die Politik hat es eingerichtet. Trifft Grewenig also keine Schuld? Vorzuwerfen ist ihm eine gewisse Maßlosigkeit. Das Provokationspotenzial, das in einem Graf-Protz-Dienstwagen steckt, hätte er erkennen müssen. Als Repräsentant eines Haushaltsnotlage-Landes sendet er falsche Signale. Etwa Richtung Bund, der dem Industriedenkmal 40 Millionen Euro spendiert. Auch mag man Grewenigs Verhandlungsgeschick bewundern, gut heißen muss man das Raffke-Muster nicht: Nehme alles, was man dir gibt. Denn so zieht man die Kultur ins Image-Grab.

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