Im feinen Euro-Club wird lautstark gestritten

Brüssel. Eigentlich gäbe es wichtige und dringende Dinge zu besprechen - etwa die Nachfolge von Jean-Claude Trichet an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Doch die Kassenwarte der Euro-Staaten werden auch am nächsten Montag wieder lange Krisengespräche über die Wackelkandidaten Griechenland, Portugal und Irland führen

Brüssel. Eigentlich gäbe es wichtige und dringende Dinge zu besprechen - etwa die Nachfolge von Jean-Claude Trichet an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Doch die Kassenwarte der Euro-Staaten werden auch am nächsten Montag wieder lange Krisengespräche über die Wackelkandidaten Griechenland, Portugal und Irland führen. Die Schuldenkrise ist noch lange nicht ausgestanden - und in Brüssel streitet man heftig über den richtigen Kurs. Und über das Krisen-Management.Spätestens seit dem Geheimtreffen der großen Euro-Länder am vorigen Freitag in Luxemburg ist klar, dass neue Beschlüsse zu Griechenland nötig sind. Europas größter Schuldensünder schafft es offensichtlich nicht, der gefährlichen Spirale von hohen Schulden, schrumpfender Wirtschaft und steigenden Risikoprämien für Anleihen zu entkommen. Die Diagnose lautet: Der Pleitekandidat kann nicht, wie zunächst geplant, 2012 an den Kapitalmarkt zurückkehren.

Die Umstände der Konferenz im Großherzogtum - erst Dementis, dann Bestätigungen - haben aus Sicht von Experten das Vertrauen in die Strategie der Krisenbewältigung weiter erschüttert. Die Spannungen im exklusiven Euro-Club wachsen. "Das ist falsch, man muss alle Minister der Eurozone einladen", kritisierte etwa der frühere Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, dessen Heimatstaat Niederlande außen vor blieb.

Dass Athen zusätzliche Hilfen bekommen könnte, hält ein Brüsseler Diplomat nicht für ausgeschlossen. Möglicherweise kommt ein solches Signal schon vom Ministertreffen am Montag. Es gebe jedoch Widerstand, unter anderem von Deutschland, heißt es. Deshalb sei alles noch offen.

Auch über das Reizthema Umschuldung wird weiter debattiert, wobei bisweilen jeder Beteiligte etwas anderes darunter versteht. Eine "harte" Umschuldung wird jedenfalls ausgeschlossen. Dabei müssten auch private Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Diplomaten halten aber eine "weiche" Lösung für denkbar, bei der beispielsweise Laufzeiten von Krediten oder auch Anleihen verlängert werden. Bisher profitiert das Land von einem Hilfspaket von 110 Milliarden Euro. Ein Austritt Athens aus der Gemeinschaftswährung steht nicht zu Debatte, er wäre laut EU-Verträgen auch gar nicht möglich.

Falls Griechenland von seinen 16 Euro-Partnern neue Zusagen bekommt, würden weitere Zugeständnisse nötig, zum Beispiel mehr Privatisierungen. Doch der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) bemängelt, noch habe Athen alte Versprechen nicht eingelöst. So gebe es nach wie vor ein Einnahme-Problem. "Wir erwarten, dass Griechenland die Steuergesetze zur Anwendung bringt, um die Einnahmen-Situation zu verbessern", betont Ferber.

Zugleich dringt Irland seit längerem auf verbilligte Kreditzinsen - ob dazu nächste Woche eine Entscheidung fällt, ist offen. Und dann ist da noch Portugal. Auch das ärmste Land Westeuropas soll nach Griechenland und Irland ein Hilfspaket erhalten, es werden 78 Milliarden Euro sein. In Brüssel erwartet man eine Zitterpartie mit Blick auf Finnland, wo jetzt die Nationalistenpartei "Wahre Finnen" mit in der Regierung sitzt: Sie sperrt sich gegen die geplante Verabschiedung des Rettungsprogramms. Mit Interesse schaut Brüssel auch auf den anstehenden FDP-Parteitag. Denn man registriert mit einer gewissen Sorge, dass deutsche Liberale die Euro-Rettung ebenfalls in Frage stellen könnten.

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