Hilflose Flickschusterei

Eine Nacht lang haben Bundes- und Landespolitiker über die Ausgestaltung des neuen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) gerungen. Und am Ende waren sich alle einig: Man sei eine große Wegstrecke vorangekommen, es seien gute Ergebnisse erzielt worden, 90 Prozent des Pakets seien abgearbeitet.

Schaut man genau hin, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Dann sind die Berliner Beschlüsse ein Tod auf Raten - für das, was die Energiewende ausgemacht hat. Nämlich die Verlagerung der Energieproduktion von großen Monopolisten auf unzählige kleine Erzeuger. Die Furcht vor der steigenden EEG-Umlage macht die Politik blind für das, was in den vergangenen Jahren erreicht wurde: Ökologisch produzierter Strom zu ständig sinkenden Kosten. Die Einspeisevergütungen für Photovoltaik zum Beispiel beträgt heute gerade mal ein Viertel der Förderung in den frühen 2000er Jahren.

Das nun in Berlin favorisierte Ausschreibungsmodell wird vor allem den Effekt haben, dass die kleinen Teilnehmer, allen voran die Genossenschaften und Bürger-Beteiligungsprojekte bei Windanlagen, aus dem Markt gedrängt werden. Denn Genossenschaften können die bei einer Ausschreibung nötigen Vorlauf-Investitionen auf eigenes Risiko nicht verkraften. Was letztlich passiert, ist die Rückkehr zu einem Strommarkt, der von wenigen Großkonzernen beherrscht wird, die die Kosten für erfolglose Projekt-Bewerbungen in ihrer Gesamtkostenrechnung einkalkulieren.

Ob allerdings durch dieses Mehr an Marktwirtschaft die Preise für Ökostrom wirklich sinken, bleibt offen. Nach Untersuchungen des saarländischen Izes-Instituts zeigen Beispiele aus anderen Ländern, dass Ausschreibungen die Produktion eher verteuern.

Ein Schlag für die Bürger-Projekte ist auch der von Berlin angestrebte Abschlag in Höhe von fünf bis 7,5 Prozent bei der Förderung von Projekten, die aktuell noch in der Genehmigungsphase sind. Denn damit wird diesen meist sehr knapp kalkulierten Vorhaben der Boden unter den Füßen weggezogen. Schließlich ist genau das der Korridor, der bei solchen Projekten als Rendite eingeplant ist. Wird die Förderung nun um diesen Betrag gekürzt, werden die Projekte im besten Fall ein Nullsummenspiel, teilweise sogar unrentabel. Dabei sind es gerade die Bürger-Genossenschaften, die die Akzeptanz von Windparks in der Bevölkerung vergrößert haben. Solche Initiativen wird es unter den neuen Bedingungen an einem Schwachwind-Standort wie dem Saarland künftig nicht mehr geben.

Sicherlich wird das neue EEG als marktwirtschaftlicher Erfolg gefeiert werden. Am Ende ist es aber eine hilflose Flickschusterei, weil das eigentliche Problem, der Ausbau der deutschlandweiten Stromautobahnen, immer noch nicht gelöst ist.

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