Hausbesitzers Goldesel wird auf Diät gesetzt

Berlin. Der Solarbranche, die wegen der Billig-Konkurrenz aus China ohnehin unter immensen Druck geraten ist, steht eine weitere Belastungsprobe bevor: Der ungezügelte Ausbau der Photovoltaik auf deutschen Dächern soll gedrosselt werden

Berlin. Der Solarbranche, die wegen der Billig-Konkurrenz aus China ohnehin unter immensen Druck geraten ist, steht eine weitere Belastungsprobe bevor: Der ungezügelte Ausbau der Photovoltaik auf deutschen Dächern soll gedrosselt werden. Beim gestrigen Koalitionsgipfel in Berlin, an dem neben den drei Fraktionschefs auch Energiepolitiker von Union und FDP teilnahmen, erging der Auftrag an die zuständigen Minister, noch im Frühjahr ein entsprechendes Konzept vorzulegen. Grund: die ausufernden Kosten für die Subvention.Allein im Dezember 2011 waren rund 3000 Megawatt neue Solarleistung auf Deutschlands Dächern montiert worden. Im Gesamtjahr waren es 7500 Megawatt. "Das schießt doch durch die Decke", empörte sich FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle vor Beginn des Treffens. Jede Kilowattstunde Solarstrom kostet 20 Jahre lang Geld. So lange ist die Förderung garantiert, und zwar nach dem Satz, der im jeweils ersten Jahr gilt. Für 2011 gebaute Anlagen waren das 28,74 Cent je Kilowattstunde. 24 000 Megawatt sind insgesamt bereits installiert. Die bisher aufgelaufenen Verpflichtungen des Staates summieren sich für die nächsten 20 Jahre auf über 100 Milliarden Euro - für einen Anteil von derzeit kaum drei Prozent des Stroms.

In der Regierung war man sich jedoch nicht einig über die notwendigen Maßnahmen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) schlug vor, die Gesamtmenge des zu fördernden Solarstroms bis 2020 auf 34 000 Megawatt zu deckeln. Somit könnten künftig pro Jahr nur noch 1000 geförderte Megawatt zugebaut werden. Röslers Hauptargument: Wenn der Zubau ungehindert fortschreite, werde der von allen Stromkunden zu zahlende Öko-Zuschlag von derzeit 3,9 bald auf sechs Cent pro Kilowattstunde steigen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) dagegen wollte im Prinzip am gesetzlich schon verankerten Abbaupfad der Förderung festhalten. Demnach soll der seit Januar um 15 Prozent verringerte Zuschuss zur Jahresmitte um weitere 15 Prozent sinken, 2013 dann noch einmal um neun Prozent. Röttgen wollte künftig lediglich die Absenkungen monatlich aufteilen, also gleitend gestalten, um Nachfragesprünge wie im Dezember zu verhindern: Wegen der bevorstehenden Absenkung hatte eine Art Torschlusspanik eingesetzt. In der Unionsfraktion hat Röttgen jedoch wenig Unterstützung für seinen Vorschlag. Vor allem der CDU-Wirtschaftsflügel ist bei diesem Thema eher bei Rösler als beim eigenen Mann.

In der gestrigen Spitzenrunde wurden verschiedene "Stellschrauben" diskutiert, mit denen die Branche nun rechnen muss. Röslers Deckel war nicht darunter, wohl aber die Verpflichtung, den Zubau künftig auf 2500 bis 3500 Megawatt zu drosseln. Das soll unter anderem mit einem Sonderabschlag noch im Frühjahr erreicht werden. Ebenfalls erörtert: Großflächige Anlagen, wie sie Investoren etwa auf ehemals militärisch genutzten Flächen planen, sollen begrenzt werden. Und drittens wurde darüber nachgedacht, eine "Verordnungsermächtigung" einzuführen, um auf Fehlentwicklungen schneller reagieren zu können. Auch über Datum für das komplette Ende der Förderung wurde debattiert, aber nichts entschieden. Aus Röttgens Sicht entwickelt sich die Branche ohnehin schnell in Richtung Marktfähigkeit, kommt also bald ohne Subventionen aus. 2017 könnte es soweit sein.

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