Gutverdiener und Bahnfahrer Die Gewinner der Pendlerpauschale

Berlin · Um die Pendlerpauschale wird seit Jahren erbittert gestritten. Sie gilt als Steuersparmodell des kleinen Mannes, der ansonsten kaum etwas von der Steuer absetzen kann.

Ökonomen geißeln die Pendlerpauschale dagegen als Subvention der Stadtflucht, Naturschützer als Zersiedlungsprämie. Und nun steht die Pendlerpauschale auch noch im Mittelpunkt des Klimapaketes, mit dem die Bundesregierung gegen den Klimawandel kämpfen will.

Derzeit gilt: Arbeitnehmer können je Kilometer der einfachen Strecke zur Arbeit 30 Cent steuerlich geltend machen, so sieht es die Entfernungspauschale vor, wie die Pendlerpauschale im Einkommensteuerrecht heißt. Im Zuge des Klimapaktes soll sie befristet angehoben werden: In den Jahren von 2021 bis Ende 2026 sollen Arbeitnehmer ab dem 21. Kilometer 35 Cent geltend machen können. Damit will die Regierung Pendler entlasten, die darunter leiden werden, dass infolge der neuen CO2-Bepreisung die Spritpreise steigen. Noch seien auf dem Land weder der öffentliche Nahverkehr noch die Infrastruktur für Elektromobilität ausgebaut, heißt es zur Begründung im Eckpunktepapier der großen Koalition. „Dies wird sich in den kommenden Jahren ändern“, heißt es aber weiter. Und dann soll die Erhöhung der Pauschale auch wieder zurückgenommen werden.

„Das Klimapaket wird keine große Lenkungswirkung im Verkehr entfalten, dazu ist der CO2-Preis zu niedrig. Zudem werden die Pendler teilweise auch noch für die steigenden Benzin- und Dieselkosten durch die höhere Pendlerpauschale entschädigt“, sagt Stefan Bach, Steuerexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Aber er sagt auch: „Dennoch würde ich von einem pragmatischen Kompromiss sprechen: Es ist sinnvoll, Fernpendler zu entlasten, um die Menschen in den Dörfern zu halten und zu verhindern, dass sie in die ohnehin überfüllten Metropolen ziehen.“

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass vor allem Pendler mit langen Arbeitswegen vom Kompromiss der Koalition profitieren. Das DIW hat dazu für viele Einkommen durchgerechnet, was die Belastung durch steigende CO2- und Spritpreise auf der einen Seite und die Entlastung durch die höhere Pendlerpauschale auf der anderen Seite unterm Strich bewirken. Fazit: „Je länger die Wegstrecke zur Arbeit, desto stärker profitiert ein Pendler von der geplanten Reform“, sagt Stefan Bach.

Die Pendlerpauschale ist verkehrsmittelunabhängig. Jeder Arbeitnehmer kann sie geltend machen, unabhängig davon, ob er mit Auto, Bus, Bahn, Fahrrad oder zu Fuß das Büro oder die Fabrik erreicht. „Am meisten profitieren Fernpendler von der Reform, die nicht mit dem Auto, sondern dem ÖPNV fahren“, sagte Steuerexperte Bach. „Sie kommen in den Genuss der höheren Pendlerpauschale, werden aber nicht durch steigende CO2-Preise belastet. Insofern gibt es steuerliche Anreize, klimafreundlicher zur Arbeit zu kommen.“

Zugleich aber hat die Reform Nebenwirkungen, um die die große Koalition lieber kein großes Aufheben machen will. Denn sie kommt vor allem Gutverdienern zugute. „Je höher das Einkommen eines Arbeitnehmers, desto stärker profitiert er von der geplanten Anhebung der Pendlerpauschale“, sagt Steuerexperte Bach. Denn die Pendlerpauschale wird nicht von der Steuerschuld, sondern vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt. Und je höher das zu versteuernde Einkommen, desto höher der Grenzsteuersatz und desto größer auch der Entlastungseffekt.

Wenn der Staat nicht wolle, dass „die Reichen“ besonders entlastet würden, müsste er auf ein Mobilitätsgeld umstellen, schlägt Bach vor. Dies würde bedeuten, dass Arme und Reiche denselben Betrag von der Steuerschuld abziehen dürften.“ Aber davon ist bislang keine Rede.

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