Gute Wirtschaftspolitik geht

Die Verlagerung der ZF-Automatikgetriebe-Produktion vom Bodensee ins Saarland vor mehr als 40 Jahren und deren konsequenter Ausbau ist eine industrielle Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Die Pioniere starteten in einer windigen Zelthalle.

Heute arbeiten allein für die ZF-Sparte Pkw-Automatgetriebe 9650 Menschen, die meisten davon im Saarland. Etliche große Ansiedlungen, denen das Land heute noch viel verdankt, wurden Anfang der 1970er Jahre ebenfalls festgeklopft. Dazu gehören neben ZF auch Ford, Michelin , Bosch und einige mehr. Das war eine Zeit, in der sich die Saar-Wirtschaft im Strukturumbruch befand. Beim Steinkohle-Bergbau war der Schrumpfungs-Prozess bereits eingeläutet, und auch über der Stahlindustrie zogen erste dunkle Wolken auf. Dennoch grummelten die Herren der Hütten hörbar, als in jenen Jahren die neuen Fabriken im Saarland hochgezogen wurden. Denn sie fürchteten, dass ihnen die neue Konkurrenz mit ihren attraktiven Konditionen das Lohngefüge kaputt macht.

Diese Art von Widerstand ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts ist das Saarland eine Industrieregion mit einer breiten Branchenstruktur. Auch wenn das Auto eine große Rolle spielt, ist der industrielle Kern spürbar krisenfester als in den Dekaden, in denen Kohle und Stahl die Saarwirtschaft dominierten. Die Industrie genießt außerdem eine neue Wertschätzung, seitdem klar ist, dass die Dienstleistungs-Ökonomie keinesfalls der Heilsbringer ist. Doch die Wirtschaftspolitik muss auch etwas dafür tun, dass die industrielle Wertschöpfung im Land erhalten bleibt. Große Strategie-Diskussionen helfen wenig, praktische Politik ist gefragt. Dazu gehört, dass ausreichend Gewerbe- und Industrieflächen zu vertretbaren Preisen zur Verfügung stehen. Außerdem muss nicht nur die klassische Infrastruktur (Straße, Schiene, Flughafen) stimmen - auch die Versorgung mit schnellen Datennetzen muss sichergestellt sein. Ferner dürfen Genehmigungen nicht durch Bürokratie-Geflecht und Kompetenz-Wirrwarr behindert werden. Außerdem müssen - siehe Stahlbarone - die als richtig erkannten Vorhaben durchgesetzt werden, auch wenn Bürgerinitiativen lautstark ihr kleinkariertes Ego pflegen. Zu einer erfolgreichen Landes-Wirtschaftspolitik gehört auch, dass sie sich in Brüssel oder Berlin Gehör verschafft, bevor Gesetze verabschiedet werden, die der Grenzregion schaden oder Standortkosten wie zum Beispiel Energiepreise zu einer echten Belastung werden. Am Ende ist gute Wirtschaftspolitik gar nicht schwer. Sie muss einen Rahmen schaffen, in dem die Unternehmen ihren Geschäften nachgehen können. Steuereinnahmen und Jobs kommen dann von selbst.

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