Namenskonflikt Letzter Akt im Mazedonien-Theater

Athen · Bei einer Reise durch Mazedonien ist noch bis vor kurzem so manchem Griechen die Hutschnur geplatzt. Da fuhr man über die Autobahn „Alexander der Mazedonier“ vorbei am Flughafen „Alexander der Große“.

Autobahn und Airport wurden zwar mittlerweile umbenannt, um bei den Verhandlungen zwischen Athen und Skopje über eine Umbenennung Mazedoniens die Wogen zu glätten. Doch das besänftigte die griechische Volksseele kaum. Mehr als 70 Prozent geben Umfragen zufolge an, gegen den neuen Namen „Nord-Mazedonien“ zu sein, den Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein mazedonischer Amtskollege Zoran Zaev vergangenes Jahr ausgehandelt haben und dem das Parlament in Skopje bereits zugestimmt hat.

In Deutschland wird der Balkanstaat schlicht Mazedonien genannt. International aber läuft es unter dem Kürzel FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia, Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien), weil Athen sich seit dem Zerfall Jugoslawiens vor knapp 30 Jahren weigert, den Namen Mazedonien anzuerkennen. Erfolgreich blockiert das EU- und Nato-Mitglied Griechenland seither die Annäherung Mazedoniens an beide Blöcke.

Das geografische Gebiet Makedonien umfasst beides: die ehemalige jugoslawische Republik und die Region Makedonien in Nordgriechenland. Auf das kulturelle Erbe des historischen Makedoniens unter Alexander dem Großen, das sich Historikern zufolge hauptsächlich im heutigen Nordgriechenland erstreckte, wollen die Griechen jedoch nicht verzichten. In der ersten mazedonischen Verfassung war noch die Rede von möglichen Grenzänderungen und den Rechten der Angehörigen des mazedonischen Volkes. Entsprechend fürchten viele Griechen, der Nachbar könne über kurz oder lang Gebietsansprüche stellen.

Nun aber stehen die patriotischen Anliegen beider Länder handfesten wirtschaftlichen und internationalen politischen Interessen gegenüber. Sowohl Nato als auch EU wünschen sich Stabilität. Sie würden eine künftige Mitgliedschaft Mazedoniens begrüßen, auch weil Russland dort keinen Einfluss gewinnen soll.

Die griechische Regierung hat veranlasst, dass der Vertrag zum Namensabkommen an diesem Wochenende allen Zeitungen beiliegt. Und darin können die Griechen Erstaunliches lesen, wie ein politischer Beobachter in Athen sagt: „Der Vertrag ist die sehr gute Lösung eines Problems, bei der es keine Sieger, sondern nur die bestmöglichen Kompromisse geben kann.“

So unterscheidet das Schriftstück explizit zwischen dem politischen Nord-Mazedonien und einem Mazedonien im „historischen Kontext mit kulturellem Erbe“. Tsipras betonte im griechischen Parlament, Skopje habe zugesagt, dass mit dem vertraglichen Begriff „Nationalität“ die Staatsbürgerschaft gemeint sei, jedoch nicht die Ethnie der Bürger des Landes definiert werde. Auch Grenzänderungen schließt das Dokument kategorisch aus.

Weil das in den Augen etlicher griechischer Politiker ein guter Kompromiss ist, wird das Abkommen im Parlament kommende Woche vermutlich genehmigt. „Was hat Griechenland davon?“, fragen aufgebrachte konservative Politiker in Talkshows. Einen stabileren Nachbarn im Norden, der Konzessionen macht, argumentieren jene, die für das Abkommen sind – allen voran der ehemalige griechische Außenminister Nikos Kotzias, der den Namensdeal eingefädelt hat und wegen eines Streits darüber im Oktober zurückgetreten war. Er erklärte, es sei besser für Griechenland, seine diplomatischen Kräfte für wichtigere Fragen zu sparen – unter anderem für das Zypern-Problem und den schwierigen Nachbarn Türkei.

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