Glosse Die neue Mitte

Da hetzt der moderne Mensch nun gestresst im Hamsterrad des Lebens herum – und dann reicht plötzlich auch das nicht mehr. Denn er soll, mitten im wilden Rennen, auch noch seine Mitte finden. Und die liegt angeblich gar nicht, wie es eigentlich nahe liegen würde, in der Mitte des Hamsterrades.

Glosse: Die Mitte finden
Foto: dpa

Um auch diese Aufgabe zu erfüllen, lässt er sich also kontrolliert aus dem Alltag herausschleudern und arbeitet ganz brav das dazugehörige Pflichtprogramm ab: Er lässt sich massieren, mit Öl begießen, zündet Kerzen an und atmet dabei den Stress weg – unter Anleitung von Fachkundigen, die jahrzehntelang schon erfolgreich atmen. Kurzum: Er gibt sein hart verdientes Geld aus, um sich vom Geldverdienen zu erholen – und endlich die Zeit für sich zu haben, die er ohne all seinen Zusatzstress ohnehin hätte.

Im besten Fall genießt er dann auch wieder das Essen mit all seinen Aromen, statt es einfach nur zwischen zwei Terminen hinunterzuschlingen. Am besten isst er sogar sehr viel. Denn dann spürt er am besten seine eigene Mitte – zumindest den gewichtigen Teil, der von innen gegen den Gürtel drückt.

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