Gigantischer Investitionsstau

Die Kommunen im Saarland sorgen dafür, dass der Alltag der Bürger funktioniert. Dort geht es um Kinderbetreuung, den Bau von Schulen und Straßen oder die Entsorgung des Mülls.

Dort werden Bibliotheken betrieben, Plätze und Kanäle gebaut. Die Kommunen sind für den sozialen Wohnungsbau, die Jugendhilfe und den Sport zuständig. Können sie diese Aufgaben aus Geldmangel nicht mehr wahrnehmen, untergräbt dies auf Dauer das Vertrauen in die Demokratie.

Das ist das eine. Das andere sind die negativen ökonomischen Effekte der kommunalen Finanzmisere gerade für ein strukturschwaches Haushaltsnotlageland wie das Saarland. Die neuen Zahlen der Bertelsmann-Stiftung belegen, dass die Ausgaben der Kommunen für Investitionen nirgends so niedrig sind wie im Saarland. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass Städte und Gemeinden - und nicht etwa das Land oder der Bund - der Hauptinvestor der öffentlichen Hand sind. Das bedeutet zum einen unmittelbare negative Effekte auf die Baubranche. Das heißt aber auch, dass das Saarland in der öffentlichen Infrastruktur sowie bei Bildung und Kultur immer mehr im Bundesländervergleich zurückfällt. Und genau dadurch leidet auch der Wirtschafts- und Lebensstandort Saarland.

Die kommunalen Sachinvestitionen liegen an der Saar bei nur 202 Euro je Einwohner und sind damit nicht einmal halb so hoch wie in Bayern, wo sie 461 Euro betragen. In den Sportstättenbau fließen im Saarland gerade mal drei Euro pro Kopf der Bevölkerung, in Baden-Württemberg sind es 18 Euro. In Bauausgaben für Straßen fließen im Saarland 32 Euro pro Kopf, in Bayern 79 Euro. Der aufgelaufene Investitionsstau ist gigantisch. Wenn sich hier nicht bald etwas grundlegend ändert, gerät das Saarland unweigerlich in eine Abwärtsspirale - mit der Konsequenz, dass damit erst recht die Existenz des Landes in Frage gestellt wird.

Im Übrigen kann keine Rede davon sein, dass die Kommunen im Saarland oder anderswo über ihre Verhältnisse gelebt hätten. Tatsächlich ist die kommunale Ausgabenentwicklung bundesweit seit 1995 mit einer jährlichen Steigerungsrate von gerade mal 1,2 Prozent sehr verhalten ausgefallen. Ursache der kommunalen Finanzmisere sind die rot-grünen Steuersenkungen ab 2001, die anschließende Konjunkturflaute bis 2005 und die globale Wirtschaftskrise seit 2008. Nachdem schon die Schuldenbremse für Bund und Länder indirekt auch die finanziellen Spielräume der Kommunen eingeengt hat, wäre die von der Bertelsmann-Stiftung verlangte zusätzliche Einführung einer kommunalen Schuldenbremse ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Man kann es daher drehen und wenden wie man will: Letzten Endes führt an höheren Steuern kein Weg vorbei.

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