Geldnot zwingt London und Paris zu historischem Pakt

Paris. Frankreich und Großbritannien haben ein in der Geschichte beispielloses Militärbündnis besiegelt. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der die entsprechenden Verträge gestern mit dem britischen Premierminister David Cameron in London unterzeichnete, sprach sogar von einem historischen Ereignis. Denn in der Vergangenheit standen sich die beiden Länder oft als Feinde gegenüber

Paris. Frankreich und Großbritannien haben ein in der Geschichte beispielloses Militärbündnis besiegelt. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der die entsprechenden Verträge gestern mit dem britischen Premierminister David Cameron in London unterzeichnete, sprach sogar von einem historischen Ereignis. Denn in der Vergangenheit standen sich die beiden Länder oft als Feinde gegenüber. Sie bekämpften sich im Hundertjährigen Krieg, bei der Schlacht von Trafalger und von Waterloo oder während der Auseinandersetzungen um Kolonialgebiete. Das wirkt noch heute nach, obwohl Paris und London in zwei Weltkriegen Verbündete waren.Die nun beschlossene Partnerschaft der einzigen Atommächte Westeuropas sieht die Zusammenarbeit in drei Bereichen vor. So sind eine gemeinsame Truppe von mehreren tausend Soldaten für internationale Einsätze der Nato, der EU oder der UN, die Zusammenarbeit bei Simulationen von Atomwaffen-Tests sowie Forschungen zu nuklearen Sprengköpfen geplant. Auch wird die gemeinsame Nutzung von Flugzeugträgern geprüft. Ihre geheimen Atom-Pläne wollen Frankreich und Großbritannien jedoch nicht teilen, ebenso die Kontrolle über ihre Atomwaffen. Auch die nationale Souveränität beider Länder in der Verteidigungspolitik soll bestehen bleiben. Dagegen sind gemeinsame Projekte zur Entwicklung von Drohnen, U-Booten und Raketen geplant, um die Zusammenarbeit der Rüstungsindustrie zu verstärken. Nach Ansicht von Experten könnte das zu Zusammenschlüssen vor allem von Zulieferbetrieben führen. Die europäische Rüstungsindustrie gilt als relativ zersplittert.Ex-Staatschef Jacques Chirac und der damalige britische Premierminister Tony Blair hatten eigentlich bereits 1998 vereinbart, die Kräfte zu bündeln und so auch die militärische Zusammenarbeit innerhalb der EU voranzutreiben. Das hatte damals zu Befürchtungen der deutschen Rüstungsindustrie geweckt, dass die geplante Kooperation zu ihren Lasten gehen könnte. Paris und London haben in Europa die höchsten Rüstungsausgaben. Allerdings führte damals der Irak-Krieg zu Unstimmigkeiten zwischen London und Paris. Während Blair zum wichtigsten Verbündeten der USA wurde, kritisierte Frankreich das Vorgehen der Vereinigten Staaten heftig. Dass die einstigen Rivalen nun enger zusammenarbeiten wollen, hängt vor allem mit den Sparzwängen angesichts der hohen Defizite beider Länder zusammen. Sie müssen nach den milliardenschweren Staatshilfen in der Finanz- und Wirtschaftskrise dringend ihren Haushalt sanieren. Die neue britische Regierung hat deshalb soeben ein umfangreiches Sparprogramm im Verteidigungsbereich angekündigt. Die geplante Kooperation mit Frankreich könne helfen, Hunderte Millionen Pfund einzusparen. Die Absprachen von gestern wurden auch durch die unter Sarkozy beschlossene Rückkehr Frankreichs in die Kommandostruktur der Nato erleichtert. Zudem sind die Länder Waffenbrüder in Afghanistan. Dennoch fürchten vor allem in Großbritannien viele um die Souveränität. Denn obwohl ihre Imperien längst nicht mehr bestehen, sind sowohl Frankreich als auch Großbritannien stets darauf bedacht, ihren Status als Großmacht zu wahren. Daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern. Selbst dann nicht, wenn das Spardiktat in den kommenden Jahren eine engere Zusammenarbeit förmlich erzwingt.

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