Gefürchtet auch ohne Titel

Meinung · Mit dem Endspiel zwischen Spanien und Italien ging gestern Abend die 16. Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine zu Ende

Mit dem Endspiel zwischen Spanien und Italien ging gestern Abend die 16. Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine zu Ende. Dass die deutschen Fans dabei vor den Fernseh-Bildschirmen und Public-Viewing-Leinwänden den Sieg einer Mannschaft aus dem Süden mit ansehen mussten, statt ihren Lieblingen zujubeln zu können, wird den deutschen Fußballstolz ganz sicher bis zur nächsten großen Meisterschaft, der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien, beschäftigen. Schließlich war die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw "reif für den Titel", wie nicht nur er vor dem Halbfinale gegen Italien betont hatte.Die 1:2-Niederlage gegen unseren Angstgegner, gegen den die deutsche Elf bei einem Turnier noch nie gewinnen konnte, wird noch eine Zeitlang in den Köpfen der Fans - und der Spieler - herumspuken. Aber das Ausscheiden im Halbfinale sollte nicht die Tatsache übertünchen, dass bis eben zu diesem 1:2 keine andere Mannschaft in der Gänze so überzeugen konnte wie "Jogis Jungs" - auch nicht die beiden Finalisten. Seine taktischen Fehler bei der Aufstellung gegen Italien hat Löw sicher mittlerweile eingesehen und erkannt. Und auch wenn es manche nicht mehr hören können: Fakt ist, dass wir das mit Abstand jüngste Team auf den Platz geschickt haben. Mit Spielern, die in den nächsten Jahren eher besser denn schlechter werden. Bei den Finalisten des gestrigen Abends sieht das deutlich anders aus. Die Spanier haben mit ihren Titelgewinnen der vergangenen Jahre das Optimum aus ihrer aktuellen "Goldenen Generation" herausgeholt, und die Italiener sind und bleiben einfach eine unberechenbare Turniermannschaft, die immer mal bis ins Finale kommen kann - die aber auch gerne mal nach der Vorrunde nach Hause fährt.

Der Deutsche hingegen mag's im Leben verlässlich - und diese Verlässlichkeit spiegelt sich auch auf dem Rasen wider. Auch wegen dieser schönen Regelmäßigkeit, bis in die Runde der letzten Acht oder Vier zu kommen, wird der deutsche Fußball international respektiert, ja beinahe gefürchtet. In der ersten Emotion des Ausscheidens mag man daran vielleicht nicht denken. Mit ein wenig Abstand aber ist diese Konstanz fast genauso viel wert wie ein Titelgewinn. Fragen Sie mal bei den in der Vorrunde sang-, klang- und punktlos ausgeschiedenen Niederländern nach, wie die das sehen.

Die deutsche Nationalmannschaft wird einen erneuten Anlauf nehmen - in vier Jahren bei der 17. EM in Frankreich. Dort werden übrigens 24 statt 16 Länder mitspielen dürfen, also fast die Hälfte der 53 Uefa-Mitgliedsverbände. Das verspricht nicht unbedingt höheres Spielniveau, was der Uefa aber egal sein dürfte. Schließlich muss bei der "Euro" neben dem Fußball vor allem der Euro rollen.

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