Gedränge auf dem Karriere-Sprungbrett

Berlin · . Das wird die Junge Union lange nicht mehr erleben. Einen Vorsitzenden, der diesen großen Jugendverband von CDU und CSU zwölf Jahre führt. Das ist schon deshalb schwierig, weil es eine Altersgrenze von 35 Jahren gibt und die Kandidaten für das Amt selten Anfang 20 sind.

Philipp Mißfelder ist es gelungen. 2002 war er 23 Jahre jung, als er Chef der Nachwuchsorganisation wurde, die ungefähr so viele Mitglieder wie Grüne und Linke zusammen hat. Nun gibt er das Amt ab - altersbedingt. Eine Ära geht zu Ende - mit gemischter Bilanz.

Dass der Nachfolger vor großen Herausforderungen steht, hat vor allem mit der Kampfkandidatur heute Abend im bayerischen Inzell zu tun. Mit Benedict Pöttering (31) und Paul Ziemiak (29) treten nicht gerade große Gentlemen an. Die Stimmung ist ziemlich vergiftet. Wie in CDU und CSU geht es um Macht, Einfluss, Posten und Strippen. Aber dazu später.

Die JU-Spitze ist ein Sprungbrett für die Parteikarriere. Drei Vorsitzende wurden später Bundesminister. Mißfelder aber dürfte das so lange nicht werden - und vielleicht gar nicht werden wollen -, wie Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel das Sagen hat. Der 35-Jährige ist stolz darauf, Helmut Kohl seinen Freund nennen zu dürfen. Merkel hat mit dem Altkanzler und langjährigem CDU-Chef wegen der Spendenaffäre der Partei gebrochen.

Mißfelder zählt auch Altkanzler Gerhard Schröder (SPD ) zu seinem Freundeskreis und so fuhr er im April auch zu dessen Geburtstagsparty in Russland - Präsident Wladimir Putin inklusive. Zur Verärgerung von Merkel, die wegen der Ukraine-Krise selbst auf Abstand blieb. Ihr sind Politiker auch immer etwas suspekt, die wie Mißfelder hohe Nebeneinkünfte haben. Mißfelder zieht sich immer weiter aus Merkels Umfeld zurück. Im April gab er sein Amt als Amerika-Beauftragter der Regierung auf, um frei zu sein für das Schatzmeisteramt in der NRW-CDU. Im Dezember tritt er nicht mehr für das CDU-Präsidium an.

In seiner zwölfjährigen Amtszeit - keiner seiner 13 Vorgänger war so lange an der Spitze - hat Mißfelder die JU zu einem finanziell gesicherten, durchorganisierten Verband gemacht. Das ist auf seiner Haben-Seite. Im Soll sieht er selbst die inhaltliche Stärke. Er hätte die JU gerne zur bürgerlichen Avantgarde gemacht. Aber: "Events haben einen höheren Stellenwert als der Diskurs", bedauert er.

Die letzte Kampfkandidatur, an die man sich in der JU noch erinnern kann, war 1973. Damals setzte sich Matthias Wissmann durch. Er wurde später Bundesverkehrsminister. Nun treten der JU-Vize Pöttering, er kommt aus Niedersachsen, und Ziemiak, JU-Chef Nordrhein-Westfalens, gegeneinander an. Sie hätten es versäumt, frühzeitig ein "Gentlemen's Agreement" zu schließen und ihre Anhänger auf einen sauberen Wahlkampf einzuschwören, heißt es in JU-Kreisen. So kursierten Vorwürfe, Beleidigungen, Verletzungen.

Pöttering gilt als Raubein und unerschrocken, die Kanzlerin auch auf einem Parteitag zu kritisieren. Ziemiak ist zurückhaltender und auf Konsens bedacht. Für wen die Delegierten in Inzell stimmen werden, hängt stark von ihren Bewerbungsreden ab.

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