Für viele in der CSU wird Seehofer zum "Drehhofer"

München. Franz Josef Strauß ist eine unerschöpfliche Quelle von Weisheiten. Es macht sich in der CSU immer gut, seine Position mit einem (vermeintlichen) Zitat des großen Vorsitzenden zu untermauern. Doch eindeutig sind die gesammelten Strauß-Sprüche nicht

München. Franz Josef Strauß ist eine unerschöpfliche Quelle von Weisheiten. Es macht sich in der CSU immer gut, seine Position mit einem (vermeintlichen) Zitat des großen Vorsitzenden zu untermauern. Doch eindeutig sind die gesammelten Strauß-Sprüche nicht. So empfahl er einerseits, seine Grundsätze stets so hoch zu hängen, dass man bequem darunter hindurch schlüpfen kann, andererseits warnte er mit den Worten "Vox populi vox Rindvieh" davor, der Volksmeinung zu großen Einfluss auf die eigene Politik einzuräumen."Wir sagen nicht, was ankommt, sondern worauf es ankommt", sagte Strauß ein andermal. Wer "Everybody's Darling" sein wolle, werde am Ende "Everybody's Depp" sein. An diese und andere Sprüche des CSU-Übervaters erinnern sich einige seiner Erben heute verstärkt. Denn unter dem derzeitigen Vorsitzenden Horst Seehofer stellt sich immer mehr die Frage, ob die Partei eher an ihren Grundsätzen oder dem Motto "Näher am Menschen" festhalten soll.

Der Parteivorsitzende hat sich entschieden. Er will ganz nahe am Menschen sein, soweit er als Wähler zu identifizieren ist. Wo immer Seehofer eine zur Mehrheit tendierende Volksmeinung zu vernehmen glaubt, richtet er seinen Kurs danach aus. "Korrekturen" nennt das, wer es gut mit Seehofer meint. "Das Fähnchen nach dem Winde hängen", nennen es die anderen, die den CSU-Chef auch schon mal als "Drehhofer" schmähen. Früher habe sich die CSU bei weitem nicht so stark an Stimmungen ausgerichtet, bedauerte erst dieser Tage ein Kabinettsmitglied. Dabei geht es Seehofer natürlich um Zustimmung. Nicht von den Deutschen, sondern von den Bayern. Es ist bekannt: Die Macht in Berlin ist für die CSU nicht unwichtig, die Macht in München existenziell. Auch in Berlin hat Seehofer den bayerischen Wählermarkt fest im Blick - nicht immer zur Freude aller CSU-Bundespolitiker.

Das kann durchaus erfolgreich sein. Jedenfalls signalisieren Umfragen der letzten Zeit, dass die Seehofer-CSU nicht schlecht da steht. Man kann es so sehen: Der CSU-Chef räumt ein für seine Partei problematisches Wahlkampfthema nach dem anderen ab. Die Kehrseite ist die Frage nach der Zuverlässigkeit: Was gilt eine Festlegung der CSU noch?

Beim landespolitischen Thema Studiengebühren scheint sich der CSU-Chef vergaloppiert zu haben. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in einem Urteil lediglich den Weg für ein Volksbegehren gegen die "Uni-Maut" frei gemacht, und schon warf der CSU-Chef das Steuer herum und erklärte die CSU zur entschiedenen Gegnerin der von ihr selbst eingeführten Gebühren.

In früheren Jahren der CSU-Alleinherrschaft wären die Gebühren kurzerhand abgeschafft worden, doch seit 2008 hat die CSU in Gestalt der FDP einen Koalitionspartner, für den Studiengebühren ein wichtiges Profilierungsthema sind. Jetzt ist der Krach da und noch weiß man nicht, wie man den Gau - Koalitionsbruch und vorgezogene Neuwahlen - abwenden soll.

Die letzte Volte, die Studiengebühren um eines Kompromisses mit der FDP willen "nachzulagern", also erst rückwirkend nach dem Berufseinstieg der Akademiker einzufordern, könnte jetzt das Fass zum Überlaufen bringen. Vielen Gefolgsleuten Seehofers ist das eindeutig ein "Zack" im Zickzack-Kurs zuviel. Es gebe "nicht den Hauch einer Koalitionskrise", ließ Seehofer gestern wissen. Dafür aber vielleicht bald einen Sturm der Entrüstung in der CSU-Landtagsfraktion.

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