Für die Festbeleuchtung fehlt Franzosen der Strom

Paris. Philippe Guillard vom französischen Umwelt- und Energieministerium versucht, seine Landsleute zu beruhigen. In Frankreich seien in diesem Winter keine "sehr schlimmen und sehr langen Stromausfälle zu befürchten"

Paris. Philippe Guillard vom französischen Umwelt- und Energieministerium versucht, seine Landsleute zu beruhigen. In Frankreich seien in diesem Winter keine "sehr schlimmen und sehr langen Stromausfälle zu befürchten". Die mäßig tröstenden Worte stehen allerdings im direkten Widerspruch zur Warnung des Stromnetzbetreibers RTE und der Vereinigung französischer Bürgermeister: Sie appellierten gerade an die Bürger, ihren Stromverbrauch zu drosseln, weil sonst Engpässe drohten. RTE erklärte, angesichts der Kältewelle könne es vor allem in der Bretagne und in Südfrankreich zu Stromausfällen kommen. Die drohenden Black-outs offenbaren die Schwächen der französischen Energiepolitik. Denn während sich die Vertreter der Republik beim Klimagipfel in Kopenhagen stolz auf die Schultern klopfen, weil das Land bei den CO2-Emissionen Vorbildcharakter hat, sieht die Lage daheim finster aus. Denn Frankreich setzt zu einseitig auf Kernkraft. Die 58 vom Energieriesen EDF betriebenen Atomreaktoren liefern 76 Prozent des französischen Stroms. Darauf war Frankreich stolz, zumal der Versorger so viel produziert, dass er auch Strom exportieren kann - normalerweise. Denn nun droht ein ernsthafter Versorgungs-Engpass, da derzeit neun Atomkraftwerke wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet sind. Die restlichen Anlagen aber produzieren nicht genug, um den heimischen Bedarf zu decken. Zudem laufen auch die Wasserkraftwerke, die rund 17 Prozent des französischen Stroms liefern, momentan nicht auf vollen Touren - in den vergangenen Monaten fiel zu wenig Regen, die Wassermengen sind deshalb zu gering. Der Einbruch des Winters, der die Temperaturen in Frankreich seit Wochenbeginn um fünf bis sechs Grad unter das saisonale Mittel rutschen ließ, führte zu einem starken Anstieg des Stromverbrauchs. Da über sieben Millionen Haushalte Elektroheizungen haben, treibt ein Rückgang der Temperaturen um nur ein Grad den Strombedarf um 2100 Megawatt nach oben. Das ist das Doppelte dessen, was eine Großstadt wie Marseille normalerweise verbraucht. Frankreich muss deshalb nun massiv Strom aus Deutschland zukaufen. Allein am Mittwoch wurden 6600 Megawatt importiert. Und in den kommenden Tagen könnte es noch mehr werden, weil die Temperaturen weiter sinken sollen. Allerdings kann das französische Netz höchstens 9000 Megawatt aus dem Ausland aufnehmen. Für EDF werden die Importe zudem teuer, denn die Preise pro Megawattstunde kletterten beispielsweise in Deutschland innerhalb der vergangenen fünf Tage von 38,50 auf 61,25 Euro. Am schlimmsten dürfte es nun die Bretagne und die Region Provence-Alpes-Côtes d'Azur treffen, die selber nur sehr geringe Anteile ihres eigenen Stromverbrauchs produzieren. Zudem sind die Netze der beiden Randregionen nicht für massive Importe ausgelegt. Sie drohen nun zusammenzubrechen. Die Haushalte dort wurden deshalb aufgefordert, zwischen 17 und 20 Uhr ihren Stromverbrauch einzuschränken, nicht alle Lampen anzuknipsen, ungenutzte Zimmer nicht zu beheizen und Geräte mit hohem Stromverbrauch - etwa Waschmaschinen - nicht einzuschalten. Nur so ließen sich Stromausfälle verhindern, warnt der Netzbetreiber RTE. Einige bretonische Städte wie Rennes und Saint-Brieuc haben deshalb schon mal vorsorglich ihre Weihnachtsbeleuchtung ausgeschaltet. Das werden trübe Festtage.

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