Frankreichs Grüne werden zum „toten Stern“

Paris · Fünf Jahre sind eigentlich kein Alter für eine Partei. Doch die französischen Grünen, die Europe Ecologie Les Verts (EELV), haben ihre besten Zeiten bereits hinter sich. Diese goldenen Jahre lagen sogar noch vor der Parteigründung: 2009 hatten die Umweltschützer unter Führung des charismatischen Europa-Politikers Daniel Cohn-Bendit satte 16,3 Prozent der Stimmen bei den Europawahlen gewonnen.

Cohn-Bendit war dann allerdings auch der Erste, der sich von EELV lossagte und damit vor rund drei Jahren den Niedergang der Grünen einleitete.

Zu groß waren die Meinungsverschiedenheiten mit dem linken Parteiflügel. "Ich dachte, wir würden etwas Neues machen. Aber wir haben nur Altes mit Neuem gemacht", begründete der "rote Dany" damals seinen Rückzug von der Parteimitgliedschaft. Diese Woche nun taten es zwei prominente Mitglieder dem 70-Jährigen gleich: Der Ko-Fraktionschef in der Nationalversammlung, François de Rugy, und der Fraktionschef im Senat, Vincent Placé, verließen ebenfalls die Partei. EELV sei ein "toter Stern", sagte Placé gestern im Radio. Der Senator kritisierte den "linken Irrweg", den die Parteiführung eingeschlagen habe.

Die Umweltschützer hätten nun genau zwei Optionen, führt der Parteien-Experte Daniel Boy in der Zeitung "Le Monde " aus: entweder die Wende nach links oder die Sozialdemokratie. "Zwischen diesen beiden zerreißen sie sich momentan", meint Boy. Diese Flügelkämpfe erinnern lebhaft an den Richtungsstreit der deutschen Fundis und Realos in den 80er Jahren. Allerdings hatten die französischen Grünen nie auch nur annähernd so viel politischen Einfluss wie ihre deutsche Schwesterpartei.

In der sozialistischen Regierung von François Hollande war EELV knapp zwei Jahre lang als Juniorpartner vertreten. Doch die Koalition zerbrach im Frühjahr 2014, als Manuel Valls Regierungschef wurde. "Zu rechts" sei der neue Premierminister, befanden die beiden Minister Cecile Duflot und Pascal Canfin. Sie verließen die Regierung. Unter dem Einfluss von Duflot vollzog die Partei danach einen Linksschwenk. Bei den Regionalwahlen im Dezember plant EELV nun, in mindestens vier der 13 Regionen gemeinsame Kandidaten mit der Linkspartei aufzustellen. Eine Entscheidung, die die Sozialisten schwächen und so in mancher Region den rechtspopulistischen Front National an die Macht bringen könnte.

Der Zuspruch zu der Öko-Partei, die in Grenoble als erster großer Kommune Frankreichs auch den Bürgermeister stellt, ist in einigen Regionen durchaus stark. Bei den Regionalwahlen 2010 kam EELV in der ersten Runde immerhin landesweit auf 12,2 Prozent. Die Abtrünnigen Placé und de Rugy wollen nun mit einer neuen ökologischen Reformbewegung wieder mit den Sozialisten zusammenarbeiten. Diese Annäherung erfolgt allerdings nicht ohne Hintergedanken, denn beiden werden Ambitionen auf ein Ministeramt nachgesagt.

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