Frankreichs Antwort auf Trump
Frankreich droht der Trump-Effekt, das zeigen die jüngsten Umfragen . Alain Juppé , Favorit der Konservativen, sackt ab. Derweil holen Nicolas Sarkozy und François Fillon vor der ersten Runde der Vorwahlen an diesem Sonntag auf. Juppé könnte also zur französischen Hillary Clinton werden. Wie die Kandidatin der US-Demokraten gehört der 71-Jährige seit Jahrzehnten zur politischen Klasse. Wie sie liegt er seit Monaten in den Umfragen vorn, und wie sie könnte er am Ende verlieren.
Wahlen sind in Frankreich unberechenbar geworden, das Votum in den USA hat auch auf der anderen Seite des Atlantiks die Gewichte verschoben. Dabei schien die politische Landschaft betoniert zu sein. Die Namen waren jahrelang dieselben: die Familie Le Pen, Nicolas Sarkozy , François Hollande . Und eben Alain Juppé - der Mann, der nach fünf Jahren Sarkozy und fünf Jahren Hollande als eine Art Hoffnungsträger gehandelt wird. Ausgerechnet einer, der schon alle politischen Ämter innehatte vom Premier bis zum Parteichef, soll das Land nach vorn bringen. Nach einem Sozialisten wieder ein Konservativer.
Es ist dieser automatische Machtwechsel, den Emmanuel Macron aufbrechen will. Der frühere Investmentbanker hat jetzt seine Kandidatur für das Präsidentenamt verkündet, und das ist eine gute Nachricht. Wenn es in Frankreich einen Mutmacher gibt, dann ihn. Der beliebte 38-Jährige setzt auf die Kräfte des Fortschritts, egal ob rechts oder links. Eine gewagte Idee in einem Land, in dem das Parteienspektrum fest gefügt ist. Macron wagt es sogar, den Front National anzugreifen - die Partei, die die Republik beschmutzt. So deutlich sagt das kein anderer französischer Politiker. Doch nur in einer offenen Auseinandersetzung kann der FN gestoppt werden, dessen Chefin Marine Le Pen nach der Wahl von Donald Trump kräftigen Rückenwind spürt.
Was in den USA passiert ist, kann auch in Frankreich passieren. Le Pen kann 2017 gewinnen. Ein weiteres Attentat beispielsweise würde ihr die Wähler massenweise in die Arme treiben. Zwischen 2012 und 2015 stieg ihre Wählerschaft bereits von 18 auf 28 Prozent. Dass Le Pen mit ihrem europafeindlichen Programm aus Zuwanderer-Hass und Moskau-Treue nächstes Frühjahr in die Stichwahl kommt, gilt als ausgemachte Sache. Und die anderen Kandidaten rechnen schon, wie ihre Chancen stehen, sie dann zu besiegen. So wie Clinton auf das Votum der Anständigen gegen Trump gehofft hatte.
Doch Hoffen allein reicht nicht. Die Politiker müssen den unbequemen Weg in die Vorstädte und die ländlichen Gebiete gehen, wo es nicht einmal mehr einen Bäcker gibt. Sie müssen mit den Menschen reden und ihnen Perspektiven bieten. Macron will das versuchen. Er könnte Frankreichs Antwort auf Trump werden.