Fluch der Faulheit

Meinung · Die Saarländer schlemmen besonders gern - und oft ungesund: zu fett, zu reichlich, mit zu viel Alkohol. Und sie sind körperlich nicht besonders fit. Was eine bundesweite Studie der Krankenversicherung DKV jetzt ans Licht gebracht hat, lässt sich mit der Bergbau- und Industrie-Tradition unseres Bundeslandes erklären

Die Saarländer schlemmen besonders gern - und oft ungesund: zu fett, zu reichlich, mit zu viel Alkohol. Und sie sind körperlich nicht besonders fit. Was eine bundesweite Studie der Krankenversicherung DKV jetzt ans Licht gebracht hat, lässt sich mit der Bergbau- und Industrie-Tradition unseres Bundeslandes erklären. Um die harte körperliche Arbeit unter Tage und in den Hütten bewältigen zu können, mussten die Arbeiter kalorienreich essen. Und warum sollten sie sich nach der anstrengenden Arbeit noch groß sportlich betätigen? Dieses Ess- und Freizeitverhalten wirkt allerdings bis heute nach.Was eine gute Gesundheit wert ist, erkennt man erst, wenn man krank geworden ist oder die Kräfte dramatisch schwinden. Gesundheitsforscher haben vor Kurzem eine einzigartige Studie veröffentlicht. In der Fachzeitschrift "International Journal of Epidemology" wurde aufgelistet, wie es weltweit 1,3 Millionen gesunden Menschen, die über zehn Jahre lang wissenschaftlich begleitet wurden, ergangen ist. Das Ergebnis: Wer regelmäßig körperlich aktiv ist, hat ein deutlich geringeres Risiko, früh zu sterben. Zu den Aktivitäten zählen auch Gartenarbeit, zu Fuß gehen und Haushaltstätigkeiten. Der Heidelberger Alternsforscher Andreas Kruse sieht in fehlender Bewegung die Hauptursache für ein Nachlassen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter. Dabei reicht es aus, wie es auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, sich pro Woche insgesamt 2,5 Stunden körperlich zu betätigen, um länger zu leben. Das alles ist bekannt. Doch oft siegt die Bequemlichkeit. Treten erste Beschwerden auf, greift man lieber zu Verjüngungspillen, synthetischen Vitalstoffen und von Hormonen abgeleiteten Anti-Aging-Präparaten. Für deren Wirksamkeit gibt es nicht nur keine Beweise, sondern bestimmte Vitaminpräparate erhöhen sogar das Krebsrisiko.

Betrachtet man die Evolution der Menschheit, hatte Faulsein durchaus seinen Sinn. In der Frühzeit mit einer harten Umwelt und knapper Nahrung war es besser, Kräfte zu sparen und nicht herumzuspringen. Heute jedoch, in unserer Überflussgesellschaft, sieht das anders aus. Während Menschen mit höherer Bildung und höherem Einkommen in der Regel gesünder leben, machen sich umgekehrt aber nicht nur knappe Finanzen negativ bemerkbar: Auch die Erreichbarkeit von Geschäften, Ärzten und Behörden sowie die Art der sozialen Kontakte sind wichtige Gesundheits-Faktoren.

Zum Glück bleiben Menschen bis ins Alter lernfähig. Eine wichtige Aufgabe von Schule, Politik, Wissenschaft und Medien ist es, schon Kinder auf ein verantwortliches Verhalten für ihre eigene Gesundheit einzuschwören. Fitness steigert die Lebensqualität. Das anzustreben, lohnt sich.

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