Ferien von der Krise

Meinung · Die Krise kommt in großen Schritten, doch nicht alle haben sie schon gespürt. So jedenfalls ließe sich anlässlich der ITB, der größten Tourismusmesse der Welt, die allgemeine Stimmung am Urlaubsmarkt beschreiben. Merklich eingebrochen ist bisher zwar nur der Markt für Geschäftsreisen, und auch da nur das obere Segment. Dennoch: Viele Leute warten ab, das Geld wird erst einmal zusammengehalten

Die Krise kommt in großen Schritten, doch nicht alle haben sie schon gespürt. So jedenfalls ließe sich anlässlich der ITB, der größten Tourismusmesse der Welt, die allgemeine Stimmung am Urlaubsmarkt beschreiben. Merklich eingebrochen ist bisher zwar nur der Markt für Geschäftsreisen, und auch da nur das obere Segment. Dennoch: Viele Leute warten ab, das Geld wird erst einmal zusammengehalten. Tatsache ist, dass die Hauptstützen des sommerlichen Feriengeschäfts - die Familien - derzeit in ihrem Verhalten vollkommen unberechenbar sind. Da Familien neben Urlaub meistens noch hohe Ausgaben für die Kinder, das Haus, die Möbel oder das Auto stemmen müssen, halten sie sich verständlicherweise zurück. Also wird erst einmal abgewartet, es kann im Laufe des Frühjahrs nur billiger werden. Beispielsweise auf dem Schiff: Es ist inzwischen kein Geheimtipp mehr, dass Kreuzfahrten derzeit so günstig sind wie noch nie. Denn der Markt der schwimmenden Urlaubshotels ist in den USA zusammengebrochen, die US-Anbieter drängen folglich nach Europa und mischen nun hier den Markt auf. Lediglich auf viele Senioren und auf die Wohlhabenden ist Verlass. Ihre Reiselust ist ungebrochen, ihre Häuser sind abbezahlt, die Kinder aus dem Haus - und sie haben genügend Geld in der Hinterhand, um sich weiterhin die Sonnenseiten des Lebens leisten zu können. Wer auf sie baut, hat als Veranstalter gute Karten, wie beispielsweise Anbieter von Studienreisen oder Veranstalter konservativer Kreuzfahrten. Aller Sparwut zum Trotz sollten dennoch die Träume nicht zu kurz kommen, denn auch dafür steht ja die ITB. Also, was ist Trend in diesem Jahr? Natur und Stille. Einkehr, Öko und Quellwasser. Reine Luft, wilde Tiere und ein Zeltcamp. Kurzum: die Alpen und Afrika. Langsam, aber stetig haben kleine Veranstalter mit ausgefallenen Angeboten in Südafrika und Namibia an Boden gewonnen. Man wohnt dort in Naturstein- Lodges mit großen Bädern, offenen Terrassen und faszinierendem Blick in die Wildnis. Zum Abendessen leuchtet das Kreuz des Südens, und die Welt ist weit und still. Wer nicht so weit fliegen möchte, hat als Alternative die neuen Naturhotels aus Stein, Glas und Holz in den Alpen. Es gibt Fleisch und Milch vom Öko-Bauern, ein Bad im Quellwasser und die Geräusche des Waldes. Kein Gejodel und kein Dirndl-Kult, sondern nur die Schönheit der Berge. Diese unspektakuläre Urlaubsform könnte neue Möglichkeiten gerade in Krisenzeiten eröffnen: Bescheidenheit ganz nahe an der Natur, das ist Luxus und Sparsamkeit zugleich. Denn das, worauf es ankommt, gibt es umsonst.

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