Ermutigt die Spender

Meinung · Der frühere SAP-Boss Hasso Plattner zählt hierzulande zu den bedeutendsten Förderern der Wissenschaft. Kaum jemand wusste das bis gestern, ehe der Wirbel losging um seinen vermeintlichen Beitritt zum weltweit spektakulärsten Spenden-Projekt "The Giving Pledge"

Der frühere SAP-Boss Hasso Plattner zählt hierzulande zu den bedeutendsten Förderern der Wissenschaft. Kaum jemand wusste das bis gestern, ehe der Wirbel losging um seinen vermeintlichen Beitritt zum weltweit spektakulärsten Spenden-Projekt "The Giving Pledge". Das ist typisch für die deutsche Spenden- und Stiftungs-Kultur: Sie folgt immer noch dem Muster "Tu Gutes und schweige darüber".Kein Wunder, denn Spender und Stifter werden misstrauisch beäugt. Unterstellt werden das Kalkül der Steuerersparnis und Macht-Gier. Spender wollten Kontrolle über soziale Projekte, heißt es. Man kritisiert das Aushebeln staatlicher Mechanismen durch "Almosen nach Gutsherrenart". Nicht zuletzt wird gern gespottet über Großzügigkeit, die angeblich gar kein Opfer darstellt. Milliardär bleibe nun mal Milliardär, selbst bei Verzicht auf die Hälfte des Vermögens. Kurz: Deutschland tut sich schwer mit spendablen Superreichen.

Das hat gute Gründe. Zu großer Wohlstand steht symbolhaft für eine von der Politik verschuldete krasse soziale Schieflage, eine Ungerechtigkeit, die mit dem Sozialstaats-Gebot des Grundgesetzes nicht mehr zu vereinbaren ist. Seit Jahrzehnten wachsen Vermögen um ein Vielfaches schneller als die Volkswirtschaft. Hinzu tritt die steuerflüchtige Prominenz von Boris Becker bis Patrick Lindner. All dies überlagert die gegenläufigen Signale aus der Klasse der Bestverdiener: Initiativen wie "Umfairteilen" oder den Vermögensabgabe-Aufruf "Besteuert uns!", den 50 Millionäre unterstützen. Spinnerte Gutmenschen auf der Jagd nach einem reinen Gewissen? Nein, vernünftige Menschen. Die wie Plattner wissen, dass sie ihre Karriere dem deutschen Bildungs-System verdanken, dass sie von der Stabilität der Verhältnisse profitieren, von Kindergärten, Kliniken, Kultur-Angeboten. Hierzulande können Reiche inmitten der Gesellschaft leben, werden nicht kaserniert hinter Mauern wie in anderen Teilen der Welt.

Deshalb und weil die Vereinbarung gilt, dass alle gemäß ihrer Leistungsfähigkeit zum Gemeinwohl beitragen, sollten wir die immer reicher werdenden Superreichen anders behandeln: freundlicher, aber auch fordernder. Sie sind weder der von Privatsendern vorgeführte schrille Champagner-Club noch die kriminelle Steuertrickser-Bande der Polit-Magazine. Deshalb darf und muss die Gesellschaft an die Geld-Elite höhere Ansprüche stellen als bisher. Die Privilegierten sollen ihre Vorbild-Funktion annehmen, vorleben, wie sich persönlicher Erfolg mit Gesamt-Verantwortung verbindet. Sie müssen andere, offensive Formen der Wohltätigkeit entwickeln. Dafür brauchen wir andererseits eine Ermutigungs-Kultur. Für Menschen wie Plattner, die erkannt haben, dass Reichtum als Selbstzweck schlicht obszön ist.

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