Eric Drouet und die Gelbwesten Der „Sprecher des Volkes“ will Paris provozieren

Paris · Wenn Eric Drouet in der Fahrerkabine seines Lastwagens seine Videos aufnimmt, ist das Handynetz meist schlecht. Der 33-Jährige wartet deshalb ein bisschen, bevor er anfängt zu sprechen.

  Eric Drouet steht für die Radikalen unter den „Gelbwesten“.   

Eric Drouet steht für die Radikalen unter den „Gelbwesten“.  

Foto: AP/Michel Euler

„Ich bin angeekelt“ sagte er am vergangenen Samstag und zupfte an seinem schwarzen Vollbart. „Man macht uns ständig nieder“. „Uns“, das sind die „Gelbwesten“, deren inoffizieller Anführer Drouet ist. Der Lkw-Fahrer hatte schon im Oktober erste Videos veröffentlicht, in denen er gegen die Erhöhung der Öko-Steuer auf Benzin protestiert. Am 17. November initiierte er die ersten landesweiten Straßenblockaden und organisierte danach die teils gewalttätigen Demonstrationen in Paris. Als die „Gilets jaunes“ Ende November acht offizielle Vertreter benannten, gehörte der bullige, dunkelhaarige Mann dazu. Er traf sich sogar mit Umweltminister François de Rugy und stellte hinterher ein heimlich aufgezeichnetes Video des Gesprächs ins Netz.

Drouets Ziel ist es, zu provozieren. Das tat er auch am Mittwochabend, als er mit Dutzenden Gesinnungsgenossen auf der Pariser Rue Royale Richtung Champs-Elysées unterwegs war. Offiziell, um dort in ein Restaurant zu gehen. Doch so weit kam es nicht: Die Polizei nahm den Sprecher, der an dem Abend ohne gelbe Weste unterwegs war, unter den Buhrufen seiner Anhänger in Gewahrsam. Und zwar wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration. Die Bilder, die ihn umgeben von Polizisten in schwerer Montur und mit schwarzen Schutzhelmen zeigen, waren hinterher in Dauerschleife in den französischen Nachrichtensendern zu sehen.

Genau das bezweckte Drouet. „Es geht auch um ihr Image“, sagte er. Gemeint ist der Ruf der Regierung, den er beschädigen will, wie er offen ankündigt. Im Gegensatz zu „Gelbwesten“ wie Jacline Gouraud, die sich für einen Dialog aussprechen, vertritt Drouet die Hardliner. Auch in seinen Appellen ist er radikal. Im November forderte er die Demonstranten auf, den Elysée-Palast als Ziel anzuvisieren. „Wir gehen hinein“, sagte er im Fernsehen. Am 22. Dezember wurde er ein erstes Mal festgenommen, weil er bei einer Demonstration in Paris einen Schlagstock bei sich hatte.

Über das Privatleben des Familienvaters ist kaum etwas bekannt. Dass er bei der Präsidentschaftswahl 2017 für die Rechtspopulistin Marine Le Pen stimmte, bestreitet der Auto-Fan. Er bezeichnet sich selbst als „unpolitisch“ und lehnt den Annäherungsversuch des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon ab, der die Symbolfigur des gelben Protests „mit Faszination“ anschaut. Dass er auf seiner Facebook-Seite Stimmung gegen Flüchtlinge machte, bestreitet der Star der „Gelbwesten“. Er habe nur auf die Situation seiner Kollegen aufmerksam machen wollen, die von Flüchtlingen angegriffen worden seien. Zum UN-Migrationspakt von Marrakesch verbreitete er jedoch zusammen mit einem anderen „Gelbwestler“ ähnliche Falschinformationen wie die Rechtspopulisten.

Nach seiner Festnahme in Paris könnte Drouet eine Art Märtyrer der Protestbewegung werden, die in den vergangenen Wochen deutlich weniger Menschen auf die Straße brachte. Vor allem Politiker am rechten und linken Rand stellten sich hinter den Mann aus der Kleinstadt Melun, rund 50 Kilometer südwestlich von Paris. „Genug Gewalt, Verurteilungen und Festnahmen der ‚Gilets jaunes‘. Lasst Eric Drouet frei. Lasst den Sprecher des Volkes in Frieden“, twitterte Mélenchon. Marine Le Pen sah in der Festnahme eine „systematische Verletzung der politischen Rechte von Oppositionellen.“ Drouet selbst freute sich nach seiner Freilassung über den „PR-Coup“, den er gelandet habe. Ob der Medienrummel seiner Bewegung mehr Zulauf beschert, wird sich am heutigen Samstag zeigen. Dann sind neue Proteste geplant.

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