Einfluss von Bolton USA wollen offenbar einen Regimewechsel in Teheran

Washington · Über John Bolton sagt man in Washington, er kenne keinen Konflikt, der sich militärisch nicht regeln ließe. Als er im April vor einem Jahr das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters antrat, war er der scheinbar Vergessene, der aus der Versenkung auftauchte.

 John Bolton gilt als der offensivste Außenpolitiker der US-Konservativen.

John Bolton gilt als der offensivste Außenpolitiker der US-Konservativen.

Foto: AP/Alex Brandon

Ein Anhänger bewaffneter Interventionen, auf die Amerikas politischer Klasse, gleich welcher Partei, nach dem Fiasko im Irak der Appetit gründlich vergangen war. 13 Monate später hat Bolton seine aggressive Linie gegen Iran in der US-Regierung offenbar durchgesetzt.

Auf die Frage, worauf sie hinausläuft, gibt es zwei Antworten, eine offizielle und eine inoffizielle. Nach der offiziellen soll das Anziehen wirtschaftlicher Daumenschrauben Teheran so unter Druck setzen, dass die Abgesandten Hassan Ruhanis an den Verhandlungstisch zurückkehren. Diesmal aber soll es nicht nur um das Nuklearprogramm gehen, sondern auch um Raketen und Regionalpolitik, von der iranischen Einmischung in Syrien und im Jemen bis hin zur Unterstützung der Hisbollah im Libanon.

Folgt man indes der inoffiziellen Version, dann versprechen sich Falken wie Bolton von der Sanktionsspirale ein Szenario, in dem eine akute Wirtschaftskrise einen Volksaufstand nach sich zieht – und in der Folge einen Regimewechsel. Seit dem ernüchternden Kapitel Irak-Invasion gibt es nicht mehr viele in Washington, die Gefallen an dem Gedanken finden. Donald Trumps 70 Jahre alter Sicherheitsberater gehört ohne Zweifel dazu.

Gemäß der Logik der Eskalation reagierte der US-Präsident auf die Ankündigung Irans, seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen nicht mehr vollständig umzusetzen, noch am Mittwochabend mit zusätzlichen Strafmaßnahmen. Sie sollen die Exporte von Eisen, Stahl, Kupfer und Aluminium treffen, etwa ein Zehntel der iranischen Ausfuhren. Mit bereits zuvor verhängten Sanktionen will Washington zum einen die Ölindustrie des mittelöstlichen Landes in die Knie zwingen und zum anderen Firmen in aller Welt davon abschrecken, Handel mit Teheran zu treiben. Wer Geschäfte über die iranische Zentralbank abwickelt, für den sind US-Banken tabu.

Dass dies vor allem die Europäer in ein Dilemma stürzt, hat Wendy Sherman, als Emissärin Barack Obamas federführend an den Atomgesprächen beteiligt, im Fernsehsender PBS noch einmal schnörkellos auf den Punkt gebracht. Kein Unternehmen, das vor der Wahl stehe, dürfte seinem Iran-Geschäft den Vorzug vor dem in Amerika geben, sagt sie. Bloß sei dieser Druck nur ein taktisches Mittel, ohne dass ein schlüssiges Konzept erkennbar wäre. Was man denn erreicht habe seit Trumps Ausstieg aus dem Atomdeal? Im Nahen Osten verhalte sich der Iran eher noch konfrontativer, das iranische Volk erfreue sich keiner größeren Freiheiten, und das Weiße Haus dränge Teheran zurück auf einen Pfad, der zu einem Kernwaffenarsenal führen könnte.

Dessen ungeachtet treibt Trump, angespornt von Bolton, die „Kam­pagne des maximalen Drucks“ voran. Dabei passen der Präsident und sein interventionistischer Sicherheitsberater auf den ersten Blick gar nicht zusammen. Als er gewählt wurde, stand Trump für weltpolitischen Rückzug, nicht für weltweites Eingreifen, auch wenn er das Iran-Abkommen als schlechtesten Deal aller Zeiten kritisierte. Er predigte militärische Stärke, aber als Mittel der Abschreckung, um Kriege zu vermeiden. „Wir werden aufhören, ausländische Regierungen zu stürzen, über die wir nichts wissen und mit denen wir nichts zu tun haben“, sagte er 2016. Bolton dagegen steht im Ruf, der offensivste Außenpolitiker in den Reihen der Konservativen zu sein.

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