Eine Nation heilt sich selbst
Meinung · Amerika hat sich in einer historischen Wahl für den Wechsel entschieden. Nicht knapp, sondern mit einem überwältigenden Ergebnis für Barack Obama, den ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten. 40 Jahre nach Martin Luther Kings Rede "I have a Dream" kommen die USA damit der Verwirklichung des Traums vom gleichberechtigten Miteinander aller Bürger einen riesigen Schritt näher
Amerika hat sich in einer historischen Wahl für den Wechsel entschieden. Nicht knapp, sondern mit einem überwältigenden Ergebnis für Barack Obama, den ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten. 40 Jahre nach Martin Luther Kings Rede "I have a Dream" kommen die USA damit der Verwirklichung des Traums vom gleichberechtigten Miteinander aller Bürger einen riesigen Schritt näher. Kaum jemand, der dies vorauszusagen wagte, als Obama an einem eisigen Februartag 2007 vor dem Parlament in Springfield, Illinois seine Kandidatur ankündigte. Und nach wie vor ist schwer abzuschätzen, welche Konsequenzen dieser Sieg für die amerikanische Gesellschaft haben wird. Die Tränen, die Schwarz und Weiß bei der Siegesfeier in Chicago gemeinsam vergossen, zeugen vom Beginn eines längst überfälligen Heilungsprozesses. Dass John McCain in seiner Gratulations-Rede versprach, dabei mitzuhelfen, ehrt den Verlierer.Der Wechsel bedeutet gesellschaftlich und kulturell einen umfassenden Aufbruch. Getragen von einer jungen Generation, die den bitteren Kulturkämpfen der Clinton-Bush-Jahre ein optimistisches "Yes We Can" entgegensetzt. Das Spiel mit Rasse, Klasse und Patriotismus scheiterte auch wegen der gewaltigen Probleme, vor denen die USA heute stehen. So gesehen handelten die Wähler unter dem Schock der Realitäten. Und John McCain zahlt den Preis dafür, dass er in zentralen Fragen im Gleichschritt mit Präsident George W. Bush marschierte. Denn dessen verheerende Bilanz - vom weltweiten Image-Schaden über den massiven Verlust privater Vermögenswerte bis hin zur Sorge um die Arbeitsplätze - ist nicht mehr zu übersehen.Barack Obama wiederum symbolisiert den Aufbruch in eine neue Zeit. Eine Verschiebung der tektonischen Platten, wie sie in den USA etwa alle drei Jahrzehnte geschieht. Der Sohn eines Kenianers und einer Mutter aus Kansas kann den USA nun seinen Stempel aufdrücken. Mit einer Version 2.0 der Innenpolitik: weg von einer ineffizienten Regierung, hin zu einem generalüberholten Staat. Und mit einem neuen Gesicht, das Amerika der Welt zuwendet. Die notwendigen Veränderungen werden nicht einfach zu erreichen sein - zu gewaltig ist der Scherbenhaufen, den Bush hinterlässt. Andererseits elektrisiert der charismatische Wahlsieger seine Landsleute und trifft international auf so viel guten Willen wie zuletzt John F. Kennedy. Diese positive Energie muss Obama nutzen, um die großen Reformen daheim und in der Welt anzupacken. Die Wähler haben ihm ein überzeugendes Mandat gegeben, um den amerikanischen Traum mit neuem Leben zu erfüllen.