Ein „Papst für Protestanten“ will er nicht sein

Frankfurt · Gerade mal zwei Wochen war Heinrich Bedford-Strohm Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), da stellte er klar: In das neue Amt sei er nur für zwölf Monate gewählt. Dieses Jahr wolle er aber nutzen, um "in Anknüpfung an die Arbeit von Nikolaus Schneider wichtige Dinge aufs Gleis zu setzen, die keinen Aufschub dulden".

Der 54-jährige bayerische Landesbischof wurde im November zum obersten Repräsentanten der gut 23 Millionen Protestanten in Deutschland gewählt. Er führt die EKD zwölf Monate lang bis zur nächsten regulären Wahl des Leitungsgremiums, denn Schneider hatte den Ratsvorsitz vorzeitig niedergelegt. Knapp 100 Tage ist sein Nachfolger nun im Amt.

Von zentraler Bedeutung ist für Bedford-Strohm die gesellschaftliche Debatte über Sterbehilfe . Die evangelische Kirche tritt für ein umfassendes Verbot organisierter und kommerzieller Sterbehilfe ein. "Dass öffentlich Optionen angeboten werden, Leben beenden zu lassen, darf nicht sein", sagt der Landesbischof. Seine Argumente zielen vielmehr auf eine bessere Sterbebegleitung.

Dauerthema kirchlicher Wortmeldungen dürfte in den nächsten Monaten die Diskussion über Asylpolitik bleiben. In den vergangenen Monaten hat sich Bedford-Strohm in mehreren Ländern des Nahen Ostens selbst einen Eindruck von der Situation vieler Flüchtlinge verschafft. Ein Freund von Alarmismus ist der Bayer jedoch nicht. Neben dem Beistand für die Schwächsten sieht er eine Aufgabe der Kirche darin, Vorurteilen gegen Flüchtlinge entgegenzuwirken. Fremdenfeindlichkeit sei mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar, sagt der Landesbischof.

Chefsache ist natürlich das nahende 500. Reformationsjubiläum 2017. Die evangelische Kirche solle dabei der Versuchung widerstehen, aus Abgrenzung neue Stärke zu ziehen, rät der Theologe. Weder ein "Fest der protestantischen Selbstbeweihräucherung" noch ein "Heldengedenken von Martin Luther " sei beabsichtigt - vielmehr ein "Christusfest", das die Konfessionen gemeinsam feiern könnten. Im Miteinander von evangelischer und katholischer Kirche praktiziert Bedford-Strohm eine "Ökumene der kurzen Wege", was rasche Reaktionen im Fall von Irritationen erleichtert. So radelte er wenige Tage nach seiner Wahl in München zum Amtssitz von Erzbischof Reinhard Marx , seinem Pendant bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.

Dass die Steuerung des Tankers evangelische Kirche keine Ein-Mann-Show ist, darüber ist sich der Ratsvorsitzende im Klaren: "Weiter kommen wir nur als Kirche insgesamt, als Team im Rat." Mit solchen Sätzen relativiert er Einschätzungen, wonach der Ratsvorsitzende einem "Papst der Protestanten " vergleichbar sei. Eine neue geistliche Erweckung könne nicht ein Einzelner und auch nicht ein Ratsvorsitzender schaffen. "Ich bemühe mich, Anstöße zu geben. Ich bin mir dabei meiner Grenzen sehr bewusst", sagt Bedford-Strohm.

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