Ein neuer Hafen für junge Unternehmen

Frankfurt · Die Deutsche Börse wagt einen neuen Anlauf: Mit einem runderneuerten Handelssegment will sie jungen Firmen wieder eine Heimat am Aktienmarkt geben, ihnen besseren Zugang zu Risikokapital verschaffen. Denn die schlechte Versorgung mit Geld für Wachstum galt in den vergangenen Jahren als ein Kernproblem der deutschen Gründerszene.

Der politische Druck war groß. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung vorgenommen, einen "Neuen Markt 2.0" ins Leben zu rufen. Doch davor scheute die Börse lange zurück wie der Teufel vor dem Weihwasser. Zu dunkel sind die Erinnerungen an die Geldvernichter des Neuen Markts. Nach dem Start am 10. März 1997 machte sich Goldgräberstimmung breit, die Aussicht auf schnellen Reichtum lockte tausende Privatanleger in Aktien. Doch steile Kursanstiege brachten den Neuen Markt als "Zockermarkt" in Verruf, aufgeblasene Bilanzen, Kursbetrug und Insiderhandel gaben der "New Economy" den Rest. Seit Juni 2003 ist der Neue Markt Geschichte.

Seither fehlt der Deutschen Börse ein wirklich attraktives Segment für kleine und mittlere Unternehmen. Und für viele Firmen in Deutschland fällt die Börse als Geldgeber in einer kritischen Phase der eigenen Entwicklung aus. Das soll sich nun ändern. Der Start des neuen Angebots ist für den 1. März 2017 geplant - und dabei will die Börse alte Fehler unbedingt vermeiden. So soll das Segment zwar Teil des sogenannten Freiverkehrs sein, also des etwas weniger regulierten Aktienhandels. Allerdings wird man längst nicht jeden Interessenten aufnehmen.

Die Kandidaten müssen sich zuvor bei Investoren bewährt haben. Fünf Kriterien hat die Börse dafür festgelegt, drei davon sind zu erfüllen. Dazu zählt etwa, dass die Kandidaten mindestens 20 Mitarbeiter, ein positives Eigenkapital und einen Jahresumsatz von mindestens zehn Millionen haben sollten. Die Firmen müssen sich außerdem zu vergleichsweise großer Transparenz verpflichten. Dazu zählen regelmäßige Aktienanalysen, die von der Deutschen Börse in Auftrag gegeben werden. Damit sollen Anleger möglichst unabhängige Informationen etwa über den Finanzierungsstand der Firmen bekommen. Zudem sollen Experten die Börsen-Eignung der Anwärter bestätigen. Mögliche Blender will man so aussortieren, Anleger sollen Vertrauen in das neue Angebot aufbauen.

Zuletzt hatte die Deutsche Börse mit ihren Ideen für neue Geschäfte allerdings wenig Glück. Mehrere Pleiten brachten den Markt für Mittelstandsanleihen in Verruf. Auch der Versuch, sich als Börse für chinesische Unternehmen zu etablieren, missglückte. Der Erfolgsdruck ist daher groß. Vorstandschef Carsten Kengeter gibt dem Geschäft mit jungen Unternehmen hohe Priorität. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Frühjahr 2015 begann der Konzern mit dem Aufbau der Plattform "Venture Network", die inzwischen etwa 200 internationale Investoren und gut 100 Wachstums-Unternehmen in Deutschland verbindet. Das neue Segment ist nun der nächste Schritt, von dem sich die Börse natürlich auch mehr Börsengänge und damit mehr eigenes Geschäft verspricht.

Bis zum Start will man aber bloß nichts überstürzen. Auch ein Name für das neue Kind wird noch gesucht. Kengeter rief die Öffentlichkeit auf, an einem Ideenwettbewerb teilzunehmen. Als Gewinn winkt der Besuch bei einem Heimspiel des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt .

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