Ein Milliardär aus China träumt vom Weltmarkt

Peking · Li Shufu ist einer der berühmtesten Unternehmer Chinas - jetzt könnte er auch in Europa bekannt werden. Seine Firma Geely bringt als erster chinesischer Hersteller ein Auto auf den westlichen Markt, das echten Mehrwert verspricht: den Stadtgeländewagen Lynk & Co 01 mit allen technischen Finessen und hohen Sicherheitsstandards. Den Neuen gibt es ab 2017 in China, ein Jahr später in Deutschland. Die positiven Eigenschaften des Autos verwundern nicht, denn es kommt zur Hälfte von Volvo - die schwedische Marke gehört seit sechs Jahren ebenfalls Li.

Bei Branchen-Terminen ist oft zu sehen, wie chinesische Manager - auch von der Konkurrenz - den 53-Jährigen um Autogramme bitten. Er ist für seine Landsleute ein Idol. Millionen Chinesen streben nach Erfolg, und Li hat es geschafft: Er war 2013 zeitweilig der reichste Mann Chinas, er steht an der Spitze eines weltweit agierenden Konzerns und vollbringt immer wieder Pioniertaten der chinesischen Wirtschaftsgeschichte.

Li war erst 21, als er Direktor einer staatlichen Kühlschrankfabrik in seiner Heimatstadt Hang zhou wurde. Als er dort zwei Jahre später keine Zukunft mehr sah, gründete er mit Geld von Freunden und Verwandten seine eigene Firma - in der er ganz ähnliche Kühlschränke baute. 1989 änderte er den Namen des Unternehmens in Geely, das bedeutet: glückverheißend. Damals stellte er Deko-Material her, in den 90er Jahren kamen kleine Autos hinzu.

Privates Unternehmertum war zu der Zeit in China noch ziemlich neu. Doch die Einwohner von Hangzhou haben sich nie groß um die Sprüche der Partei geschert - und waren nach der Lockerung die ersten, die ihr eigenes Ding machten. Auch Jack Ma, Chef des globalen Internethändlers Alibaba, stammt von dort. Alibaba ist heute Technik-Partner für die Netzfunktionen von Lynk & Co.

Li, der vor Selbstbewusstsein strotzt und auch mal ruppig auftritt, lernt viel aus eigenen Fehlern. Schon 2007 hatte er Weltmarkt-Ambitionen. Er versuchte, in den USA "das billigste Auto der Welt" zu vermarkten. Die Kiste war aber tatsächlich vor allem eines: billig. Am Markt endete sie als Flop. Derweil verkaufte Li der wachsenden chinesischen Mittelklasse zu Hause hochprofitabel Autos. Mit der Weltfinanzkrise kam seine Chance: Als der schwedischen Traditionsmarke Volvo 2010 das Geld ausging, besorgte er sich Kredite und schlug zu. Die Übernahme war einer der frühesten - und bis heute spektakulärsten - Zukäufe in Europa.

Seither hat Geely die Schweden trotz aller Kulturunterschiede recht geschickt ferngesteuert. Der Absatz ist dank des bevorzugten Zugriffs auf den chinesischen Markt rapide gestiegen, allein im ersten Halbjahr 2016 um elf Prozent. Die Zentrale in Hangzhou lässt den Schweden eine hinreichend lange Leine, um ihre Ideen umzusetzen und die Besonderheiten der Marke zu erhalten, drückte aber die Kosten. Seit 2011 ist Volvo Teil einer globalen Elektroauto-Strategie, mit der Li seinen Konzern auf die Zukunft der Mobilität vorbereitet.

Die Autos der neuen Modell-Linie haben einen Mitfahrdienst bereits eingebaut - schließlich sind Angebote wie Uber und AirBnb der letzte Schrei. Die Auto-Branche stehe unter hohem Druck der Elektro-Industrie, erklärt Li Shufu. "Wir müssen aufpassen, dass die es nicht bald besser können als wir." Lynk sei aus diesem Bewusstsein heraus entstanden. Unnötig zu sagen, dass sich das Auto mit einer Handy-App überwachen und sogar ein bisschen steuern lässt. Den Milliardär Li bringt es seinem Traum vom Weltmarkt ein Stück näher.

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