Ein guter Kompromiss

Meinung · Die Kuh ist vom Eis, zum Glück. Nach einer Marathonsitzung haben sich die Verhandlungsführer der Metall- und Elektroindustrie im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg auf eine Lohn- und Gehaltserhöhung von insgesamt 4,2 Prozent geeinigt - verteilt über die Laufzeit von 18 Monaten. Garniert wird diese Erhöhung mit Einmalzahlungen

Die Kuh ist vom Eis, zum Glück. Nach einer Marathonsitzung haben sich die Verhandlungsführer der Metall- und Elektroindustrie im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg auf eine Lohn- und Gehaltserhöhung von insgesamt 4,2 Prozent geeinigt - verteilt über die Laufzeit von 18 Monaten. Garniert wird diese Erhöhung mit Einmalzahlungen. Wenn man bedenkt, dass die Gewerkschaft IG Metall mit der Forderung von acht Prozent mehr Lohn und Gehalt ins Rennen ging, ist dieser Abschluss ein guter Kompromiss. Bei der letzten Tarifrunde zu Beginn des Jahres 2007 hatte die IG Metall 6,5 Prozent vorgelegt. Heraus kamen 4,1 Prozent und ein Jahr später noch einmal 1,7 Prozent. Diesmal ist der Zeitabstand zwischen beiden Tarifaufschlägen von jeweils 2,1 Prozent mit drei Monaten wesentlich geringer, auch wenn Betriebe mit wirtschaftlichen Problemen die zweite Erhöhung bis Anfang Dezember 2009 hinauszögern können. Man kann sich auch nicht mit der Chemie-Industrie messen, wo am Ende ein Plus von 4,4 Prozent im Tarifvertrag stand und ein weiterer Aufschlag von 3,3 Prozent im Jahr 2009.Doch das war im April. Seitdem hat sich einiges getan. Die Finanzkrise hat die Unternehmen erreicht, Verbraucher reagieren mit Konsumverweigerung auf die unsicheren Zeiten. In zahlreichen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie müssen bei der Produktion Zwangspausen eingelegt werden. Wie es im kommenden Jahr weitergeht, weiß niemand, auch wenn viele Unternehmen versichern, dass sie sich von ihrer Stammbelegschaft nicht trennen wollen.Für die Arbeitnehmer der Metall- und Elektroindustrie bedeutet der Abschluss, dass sie zumindest keinen Reallohn-Verzicht hinnehmen müssen, auch wenn sie sich von den Tarifverhandlungen mehr versprochen hatten. Doch die Folgen der Finanzkrise haben die IG Metall kalt erwischt. Ohne die dunkel aufziehenden Konjunkturwolken hätte sich die Gewerkschaft wohl nicht mit dem jetzt ausgehandelten Ergebnis zufrieden gegeben. Denn sie weiß auch, dass sich die Arbeitnehmer schon seit Jahren nicht mehr allzu viel leisten können. Die höhere Mehrwertsteuer und die kräftig gestiegenen Energiekosten lassen dem Einzelnen kaum noch finanziellen Spielraum. Zähneknirschend hat die Vernunft gesiegt, auch wenn sich die Gewerkschaft schwer tun wird, das Verhandlungsergebnis der Basis zu "verkaufen". Denn die Mobilisierung war groß - die Erwartungen hoch. Doch das ist das kleinere Übel. Eine Urabstimmung und wochenlange Streiks hätten einen Konflikt heraufbeschworen, an dessen Ende nur Verlierer gestanden hätten.

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