Ein "Gebrauchter" auf dem Weg zur Macht

Rom. Gut möglich, dass bald ein Gebrauchtwagen in Italien regiert, allerdings einer mit Garantie. Als "usato sicuro", ein sicherer Gebrauchter, hatte sich Pier Luigi Bersani selbst bezeichnet. Eine ironische Anspielung auf die Pläne seines Herausforderers bei den Urwahlen der Sozialdemokraten

 In Siegerpose nach der Stichwahl: Pier Luigi Bersani. Foto: dpa

In Siegerpose nach der Stichwahl: Pier Luigi Bersani. Foto: dpa

Rom. Gut möglich, dass bald ein Gebrauchtwagen in Italien regiert, allerdings einer mit Garantie. Als "usato sicuro", ein sicherer Gebrauchter, hatte sich Pier Luigi Bersani selbst bezeichnet. Eine ironische Anspielung auf die Pläne seines Herausforderers bei den Urwahlen der Sozialdemokraten. Matteo Renzi, 37 Jahre alter Bürgermeister von Florenz, versprach für den Fall seines Siegens die "Verschrottung" der alten Politiker-Generation. Doch nun hat das Alteisen Bersani gute Chancen, 2013 italienischer Ministerpräsident zu werden. Bei der Stichwahl am Sonntag wies eine deutliche Mehrheit Renzi in die Schranken: Nur knapp 40 Prozent votierten für ihn, über 60 Prozent für den 61-jährigen Parteisekretär der Demokratischen Partei (PD). Abstimmen konnten alle in Italien gemeldeten Bürger, rund drei Millionen machten von der Möglichkeit Gebrauch.Bersani war Präsident der traditionell linken Region Emilia-Romagna, dreimal Minister und stieg anders als Shootingstar Renzi langsam in der Partei auf. In der unkalkulierbaren italienischen Politik wirkt er wie eine der wenigen Garantien. Schon sein Anblick hebt sich von vielen aufgeblasenen Kandidaten ab: Halbglatze, Zigarre, zudem spricht er den Dialekt seiner Heimat Emilia-Romagna. Seine bäuerlichen Metaphern ("Wenn es regnet, regnet es für alle") sind Kult.

Die erfolgreiche Urwahl gibt den Sozialdemokraten und ihrem Parteisekretär neuen Auftrieb. In Umfragen liegt der PD zwischen 30 und 35 Prozent, bei der Parlamentswahl Anfang 2013 wird er vermutlich stärkste Partei. Wenn Bersani dann eine Koalition schmieden kann, wird er Regierungschef. Aber ist der Ex-Kommunist auch ein Garant für den Reform- und Sparkurs von Amtsinhaber Mario Monti?

Bersani und seine Partei tragen Montis Regierung mit. Für ihn sei das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts unantastbar, ebenso die umstrittene Arbeitsmarktreform, sagt der Sekretär. Steuerhinterziehung will er sogar noch stärker bekämpfen und so Spielraum für Steuersenkungen gewinnen, die zum Antrieb der Wirtschaft notwendig wären. Auch zur EU bekennt sich Bersani.

 In Siegerpose nach der Stichwahl: Pier Luigi Bersani. Foto: dpa

In Siegerpose nach der Stichwahl: Pier Luigi Bersani. Foto: dpa

So weit die Versprechungen. In der Praxis ist die Sache komplizierter. Der ehemalige Kommunist Bersani liebäugelt mit einer Koalition aus Sozialisten und Christdemokraten. Anders als letztere wollen die Sozialisten wichtige Pfeiler von Montis Agenda beseitigen. Viele fragen sich deshalb, wie da ein tragfähiger Kompromiss zustande kommen soll. Andererseits: Wenn jemandem dieser Spagat zuzutrauen ist, dann Bersani. Er war Industrie-Minister unter Romano Prodi und schob als Linker paradoxerweise die ersten Liberalisierungen in Italien an. Der 61-Jährige gilt als Wirtschaftsfachmann, der aber an sich selbst den "Duft der Linken" wahrnimmt. Er sei sozial und liberal zugleich, meint der Parteisekretär. Aus katholischem Elternhaus stammend, war er als Jugendlicher in die Kommunistische Partei eingetreten. Und als Vorbild nennt Bersani - Johannes XXIII., der als "guter Papst" in den italienischen Volksmund einging.

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