Eigene Streitkultur im Saarland

Peter Stefan Herbst Chefredakteur saarbruecker-zeitung.de/woche Liebe Leserinnen, liebe Leser, Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine hat in dieser Woche mit dem Satz „Sie ticken nicht mehr richtig“ für einen Eklat im Landtag gesorgt.

War dies nun eine Beleidigung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) oder eine spöttische Bemerkung zur Haltung der Landesregierung zu eigenartigen Auto-Geschäften des Verfassungsschutzes?

Landtagsvizepräsidentin Isolde Ries (SPD) erteilte jedenfalls eine Rüge. CDU-Generalsekretär Roland Theis will das "ungebührliche Verhalten" im Präsidium diskutiert sehen und forderte eine Entschuldigung. Lafontaine lehnt dies ab, da es aus seiner Sicht keine persönliche Beleidigung war.

Der Vorfall verrät viel über die besondere politische Kultur im Saarland. Bei wichtigen Themen wird oft zu wenig gestritten, bei Details hingegen häufig zugespitzt. Ein kleines Land hat kurze Wege, auf denen große Vorteile entstehen können. Manchmal ist es aber auch umgekehrt. Wenn jeder jeden lange und gut kennt, ist die direkte Verbindung zwischen zwei Positionen nicht zwangsläufig die gerade Linie. Vieles wird hinter den Kulissen auf teilweise fragwürdigen Umwegen versucht. Falsche Rücksichtnahmen, persönliche Zu- oder Abneigungen und reflexartige Überreaktionen prägen viele Diskussionen - auch die um den Stellenabbau bei der Landesverwaltung oder die Sparvorgaben für die Hochschulen. Auch hier wird an den falschen Stellen zu viel und an den wichtigen zu wenig diskutiert und gestritten. Die weitverbreitete Harmonie der Widersprüche hat Vorzüge und Nachteile. Im Wettbewerb der Regionen gilt es zweifellos erstere herauszustellen.

In diesem Sinne ein schönes Wochenende

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort