Dumpfe Hetze und kein bisschen Einsicht

Washington · "Donald Trump ist eine Gefahr für unseren Staat." Die Zahl der Kommentatoren in den USA, die - wie in diesem Fall der Kolumnist der New Yorker "Daily News" - den rebublikanischen Präsidentschaftskandidaten als Bedrohung für die Demokratie ansehen, steigt unaufhörlich.

Befeuert werden die wenig vorteilhaften Ansichten über den Bewerber für die Obama-Nachfolge vor allem durch seine Bemerkungen über Muslime , die in Deutschland vermutlich zu Anzeigen wegen Volksverhetzung geführt hätten: Er fordert die Überwachung von Amerikas Moscheen, die öffentliche Kennzeichnung von Muslimen, die Erfassung von Islam-Anhängern in speziellen Datenbanken. Getoppt wird das nur noch von der durch keinerlei Fakten belegten Behauptung, in New Jersey hätten am 11. September 2001 Muslime zu Tausenden auf den Straßen die Terroranschläge gefeiert. Das alles ergibt ein giftiges Gemisch, das im ohnehin hitzig geführten Wahlkampf seinesgleichen sucht.

"Je mehr er seine Rhetorik verschärft, umso höher seine Umfragewerte", schrieb vorige Woche die Tageszeitung "Star-Ledger". Diese Beobachtung hat inzwischen allerdings etwas an Wert verloren. Denn bei einem öffentlichen Auftritt äffte Trump einen behinderten Reporter der "New York Times" derart abscheulich nach, dass selbst seinen Anhängern mit den "Trump"-Schildern nicht mehr nach Lachen zumute war. Die Szene hat dem Medien-Tycoon erheblich geschadet, ebenso wie Berichte über den ruppigen Umgang seiner Sicherheitskräfte mit Andersdenkenden. Als im Bundesstaat Alabama ein Protestierer im Veranstaltungssaal von Ordnern geschlagen und getreten wurde, lobte der Milliardär seine Helfer später im Fernsehen: "Vielleicht hat er es verdient, dass man ihn aufgemischt hat." Der Demonstrant war lediglich durch Zwischenrufe aufgefallen. So eine Aussage verstört in einem Land, in dem der Meinungsfreiheit ein enormer Stellenwert zugemessen wird - auch von Gerichten, die einen weiten Spielraum bis zur Beleidigungsgrenze abgesteckt haben.

Trumps eingefleischte Fans allerdings applaudieren bis heute oft frenetisch, wenn Ordner ausfällig werden. So wurde ein Lateinamerikaner bei einer Rede in Miami brutal aus dem Saal gezerrt, in New York setzte es Kinnhaken für einen Demonstranten . Dieses Vorgehen blieb nicht ohne Folgen. Als in Boston kürzlich ein Mann einen ausländisch aussehenden Obdachlosen mit einer Eisenstange fast zu Tode geprügelt hatte, gab er der Polizei zu Protokoll: Die Anti-Einwanderer-Rhetorik Trumps habe ihn inspiriert. Von TV-Teams wenig später zur Rede gestellt, gab sich der 69-Jährige uneinsichtig: Seine Unterstützer seien eben "sehr leidenschaftlich".

Nachdem ihn die meisten Medien nun extrem kritisch sehen, hat der weiterhin aussichtsreiche Kandidat der Republikaner entsprechend reagiert. Bei seinen Rede-Auftritten dürfen sich Berichterstatter nicht mehr unters Volk mischen, sondern müssen in abgesperrten Zonen am Rand der Szenerie stehen - frei nach der Devise: Wer möglichst wenig sieht und hört, kann auch nicht viel Negatives berichten. Provokation als Markenzeichen: Bei vielen US-Medien ist Donald Trump unten durch. Foto: dpa

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