Drei Schwergewichte auf dem Zeugenstuhl

Berlin · Es wird der Aufmarsch der großen Drei der SPD : Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel , Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Fraktionschef Thomas Oppermann müssen morgen der Reihe nach im Anhörungssaal des Bundestages auf dem unbequemen Zeugenstuhl Platz nehmen.

Dann beginnt der Schlussakt der parlamentarischen Aufklärung der Edathy-Affäre. Wird das SPD-Trio zum Ende der Beweisaufnahme noch einmal für großes Polit-Kino und neue Erkenntnisse sorgen - oder endet die Angelegenheit als Flop?

Den Anfang der Marathonsitzung macht zunächst einer, der "Opfer" der Affäre ist: der ehemalige Innen- und Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU ). Im Oktober 2013, am Rande der Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD nach der Bundestagswahl, erzählte er Gabriel vom Kinderporno-Verdacht gegen den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy . Der gutmütige Friedrich musste deshalb seinen Hut nehmen, als im Februar 2014 der Skandal öffentlich wurde. Im Ausschuss soll er nun Klarheit in zeitliche Abläufe und ministerielle Mechanismen bringen.

Eines steht aus Sicht des Gremiums fest: Ende 2013 wurde Edathy gewarnt, dass gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachtes der Kinderpornografie liefen. Von wem, ist auch nach bislang 42 Ausschusssitzungen im Dunkeln geblieben. "Es kann gut sein, dass der Ausschuss am Ende diese Frage nicht beantworten kann", meinte gestern die Vorsitzende Eva Högl (SPD ). Edathy behauptete, die Warnung sei von seinem Fraktionskollegen Michael Hartmann gekommen, der dies aber vehement bestreitet. Aus Högls Sicht ist es wahrscheinlich, dass die Information aus Niedersachen stammt, der Heimat Edathys. Schließlich hätten dort mindestens 160 Personen von dem Verdacht gewusst. Edathy wiederum hatte der Presse entnommen, dass ein kanadischer Kinderporno-Anbieter, bei dem er strafrechtlich nicht relevantes Material bestellt haben will, gesprengt worden war. Das Verfahren gegen Edathy wurde im März dieses Jahres gegen 5000 Euro Geldauflage eingestellt.

Die Opposition will hingegen bei der Frage des Informanten die SPD-Spitze nicht aus der Verantwortung entlassen. Nach Ansicht des Linken-Obmanns Frank Tempel geht es morgen vor allem darum, wer "aktiv gehandelt hat und nicht, wer etwas gewusst hat". Gabriel, Steinmeier, Oppermann - sie alle kannten schließlich den Verdacht gegen Edathy. Nach wie vor behaupten alle drei aber felsenfest, aus ihrem Kreis sei er oder sein Umfeld nicht vor drohenden Ermittlungen gewarnt worden. Als Schlüsselfigur gilt Oppermann: Er kam um einen Rücktritt herum, obwohl es seinerseits zwei Kontaktversuche beim BKA-Präsidenten Jörg Ziercke gab, bei dem Oppermann Erkenntnisse zur Causa Edathy einholen wollte. Auch blieb ein Gespräch mit Hartmann bis heute nebulös - und Oppermanns Pressemitteilung im Februar 2014 sorgte für Friedrichs Rücktritt. Für die Union sind außerdem manche Zeitabläufe beim Informationsfluss zwischen den SPD-Granden nicht schlüssig.

Ungereimtheiten gibt es also noch genügend in der Affäre. Mit wirklich neuen Erkenntnissen rechnet aber keiner im Ausschuss, denn die Linie der SPD-Spitze ist seit Monaten dieselbe - man ist sich keiner Schuld bewusst. Es wird jedoch eine Sitzung werden, die bis in die Nacht dauert. Vorsorglich hat man bereits eingeplant, Oppermann womöglich erst am Freitag zu vernehmen.

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