Die Welt zu Gast und jede Menge Beifall

Mailand · Bevor es losging, waren die Katastrophen-Szenarien allgegenwärtig: Kurz vor der Eröffnung war das Gelände der Weltausstellung in Mailand noch eine riesige Baustelle, ein Korruptionsskandal traf mehrere Manager, und bei der Eröffnung gab es gewalttätige Ausschreitungen von Kritikern.

Doch zum Ende der sechsmonatigen Expo zeigt sich: Der erwartete Flop ist ausgeblieben. Ganz im Gegenteil, viele Italiener werten die Ausstellung als großen Erfolg. Am Wochenende schloss die Expo bei einem Festakt ihre Tore.

20 Millionen Besucher hatten die Organisatoren als offizielles Ziel ausgegeben. Diese Marke wurde nun sogar übertroffen. Mehr als 21 Millionen - davon ein Drittel aus dem Ausland - kamen zu der Schau in der norditalienischen Wirtschaftsmetropole. Ein negativer Aspekt hängt damit eng zusammen: die teils langen Wartezeiten. Professor Marco Ponti, Infrastruktur-Experte von der Mailänder Universität Politecnico, verweist seinerseits auf die große Zahl vergünstigter Tickets gerade in den letzten Wochen. Sie hätten zum Erreichen des Besucherziels wesentlich beigetragen. "Den wirklichen Grad des Erfolges wird man erst an den Gewinnen sehen", betont er.

Finanziell lässt sich noch kein Strich unter die Veranstaltung ziehen. Fest steht, dass für das Gelände, die Infrastruktur und die Veranstaltung selbst mehrere hundert Millionen Euro ausgegeben wurden. Nach Angaben von Expo-Chef Giuseppe Sala wären für eine ausgeglichene Bilanz 24 Millionen Besucher nötig. Nutznießer der Weltausstellung sind in erste Linie regionale Firmen sowie die Hotel- und Tourismusbranche, die sich auch langfristige Effekte erhoffen.

"Die Expo erntet tosenden Applaus beim Publikum und zeigt das positive Gesicht Italiens", lobte Regierungschef Matteo Renzi zuletzt. Das sei ein Grund, stolz zu sein. Renzi nutzte die Schau fleißig zur Imagepflege, empfing in Mailand zahlreiche Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel . Eine Umfrage des Bauernverbands Coldiretti ergab, dass immerhin 88 Prozent der Besucher die Expo positiv bewerten; auch drei Viertel der Italiener sehen sie als Erfolg für ihr Land.

Die durchaus engagierte Umsetzung des Mottos "Den Planeten ernähren, Energie fürs Leben" dürfte dazu eher weniger beigetragen haben. Vieles drehte sich um neue Ideen zur Ernährung sowie Strategien für Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie. Und zahlreiche Politiker und Prominente unterschrieben die "Carta di Milano", ein Manifest gegen den Hunger auf der Welt. Doch das Leitmotiv war vor allem bei Konferenzen und Veranstaltungen präsent, den normalen Expo-Besucher erreichten viele Botschaften nicht.

Was künftig mit dem riesigen Expo-Gelände passiert, ist noch nicht im Detail bekannt. Die Ideen reichen von einem Uni-Campus über ein Zentrum für Start-Ups bis hin zu einer großen Grünfläche. Renzi will sich im November dazu äußern, wie er etwas nebulös ankündigte. Sicher ist bis jetzt nur: Der italienische Pavillon und der zum Wahrzeichen avancierte "Baum des Lebens" sollen bleiben und im kommenden Frühjahr wieder öffnen. Der deutsche Beitrag zur Expo heimste übrigens kurz vor Toresschluss noch eine Goldmedaille für seine interaktive Umsetzung des Expo-Themas ein. Am Bau des Pavillons war auch die Blieskasteler Unternehmensgruppe Hager beteiligt, die den futuristischen Bau mit einer Speicheranlage für erneuerbare Energien ausstattete.

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