Die Versprechungen des „Gandhis von Lissabon“

Lissabon · Er gilt als Modernisierer. Und als Mann mit sozialem Herz. Nun hat António Costa, der neue sozialistische Regierungschef des Euro-Krisenlandes Portugal, Gelegenheit zu beweisen, dass er diesen Ruf zu Recht genießt.

Und dass der gelernte Anwalt es zugleich versteht, das nach Griechenland ärmste südeuropäische Land aus dem Schuldensumpf und der Wirtschaftsmisere zu führen.

Eine der ersten Amtshandlungen Costas wird es sein, den öffentlichen Geldhahn wieder aufdrehen. Der 54-jährige Sozialist, der die letzten acht Jahre als Bürgermeister der Hauptstadt Lissabon Ansehen erwarb, versprach den Portugiesen, die harte Austeritätspolitik seines konservativen Vorgängers Pedro Passos Coelho zu beenden. Unter diesem mussten die Bürger harte Kürzungen und Steuererhöhungen verdauen. Coelho, der seit 2011 im Amt war, hatte in der Wahl im Oktober die absolute Mehrheit verloren und musste zurücktreten, nachdem das Parlament das Programm seiner Minderheitsregierung abgeschmettert hatte.

"Wir werden das Kapitel der Sparpolitik schließen", kündigte Costa an. Seine Sozialisten , die eine sozialdemokratische Linie fahren, hatten den Kürzungskurs der Konservativen abgelehnt, weil dies nur "zur Verarmung der Bevölkerung" führe. In seine Anti-Spar-Front reihte Costa zwei kleinere Protestparteien ein: den Linksblock, der als Schwesterpartei der griechischen Syriza gilt. Und die grün-kommunistische Allianz. Die Partner der Sozialisten gelten als Gegner jener Gläubiger-Troika, die seit der Rettung Portugals vor der Staatspleite im Jahr 2011 im Hintergrund mitregiert.

Vermutlich hat Portugals konservativer Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva wegen dieser brisanten Machtkonstellation tagelang gezögert, bis er Costa zum Ministerpräsidenten ernannte. Er ließ diesen zunächst eine Erklärung unterschreiben, in der er sich verpflichtete, Staatsverträge einzuhalten. Und den 2011 erhaltenen Rettungskredit in Höhe von 78 Milliarden Euro an die Troika-Geldgeber zurückzuzahlen.

Costas erste Hürde dürfte nun sein, seine beiden europakritischen Reisegefährten davon zu überzeugen, dass die Troika doch nicht aus dem Land geworfen werden kann. Die beiden Linksparteien treten zwar nicht in Costas Regierung ein. Der neue Ministerpräsident braucht aber ihre Stimmen, damit seine Minderheitsregierung einen Haushalt durchs Parlament bringen kann.

Die Verkündigung sozialer Wohltaten wird dann das kleinere Problem sein. Costa versprach zum Beispiel, Lohnkürzungen für das Heer der Staatsdiener zurückzunehmen, die eingefrorenen Renten zu erhöhen und den Mindestlohn anzuheben. Auch soll der Krisen-Aufschlag von 3,5 Prozent auf die Einkommenssteuer abgeschafft werden.

Schwieriger dürfte es werden, die von Brüssel geforderten Defizitziele einzuhalten und Portugals Gesamtverschuldung von knapp 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu reduzieren. Aber vielleicht gelingt dem "Gandhi von Lissabon ", wie er wegen seiner indischen Herkunft genannt wird, ja tatsächlich das versprochene Kunststück - und mit einer geplanten "Reichensteuer" die Bilanz auszugleichen.

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