Die Schuldenbremse schnürt Bremen die Luft ab

Bremen. Ein Mini-Bundesland und seine Schulden - in Bremen ist beides, ebenso wie im Saarland und in Berlin, eng miteinander verbunden. Und zwar seit Jahrzehnten. Trotz aller Spar-Anstregungen dreht sich die Schuldenspirale weiter, aus derzeit 16 Milliarden Euro werden in der Hansestadt schon 2013 knapp 20 Milliarden geworden sein

Bremen. Ein Mini-Bundesland und seine Schulden - in Bremen ist beides, ebenso wie im Saarland und in Berlin, eng miteinander verbunden. Und zwar seit Jahrzehnten. Trotz aller Spar-Anstregungen dreht sich die Schuldenspirale weiter, aus derzeit 16 Milliarden Euro werden in der Hansestadt schon 2013 knapp 20 Milliarden geworden sein. Zu allem Überfluss wurden in der Vergangenheit Millionen-Investitionen in den Sand gesetzt, etwa beim Musicaltheater. Bei anderen Projekten liefen die Kosten hoffnungslos aus dem Ruder. Jüngstes Beispiel: die "Havenwelten" mit dem Klimahaus in Bremerhaven; sie schlugen mit fast 50 Millionen Euro mehr zu Buche als geplant. "Ärgerlich", kommentiert Bremens grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert. "Jetzt müssen wir sehen, wie wir das Geld zusammenkriegen."Der Bund der Steuerzahler hat das kleinste Bundesland seit langem im Visier. Über Jahre hinweg seien "aufgrund selbstgeschaffener Gesetze, Verträge oder politischer Wünsche" Ausgaben-Budgets festgelegt worden, die die Einnahmen weit überstiegen, moniert Bernhard Zentgraf vom zuständigen Landesverband. Wer so handele, trage selbst die Verantwortung dafür, dass er "in einem Teufelskreis ständig steigender Verschuldung steckt". Schon jetzt fließe von vier Euro Steuern ein Euro als Zinslast an die Banken - Tendenz steigend.Die Karre stecke wegen der hohen Schulden so tief im Dreck, erklärt die Finanzsenatorin. "Wenn wir die Zinsen rausrechnen würden, hätten wir einen ausgeglichenen Haushalt und 2008 sogar einen Überschuss gehabt." Schon seit 15 Jahren habe Bremen die Ausgaben, abgesehen von den Investitionen, stabil gehalten. Und sogar das Bundesverfassungsgericht habe bescheinigt, dass der Stadtstaat unverschuldet in Schieflage geraten sei, betont Linnert: "Wir leisten uns überhaupt nichts nebenher." Die Schulden steigen dennoch weiter.Trotzdem hält Linnert am Ziel fest, gemäß der von Bund und Ländern beschlossenen Schuldenbremse im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Kreditaufnahme vorzulegen. Genau das jedoch bezweifelt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Professor Rudolf Hickel: "Unter den derzeitigen Bedingungen ist Bremen überhaupt nicht in der Lage, die Schuldenbremse einzuhalten." Er sehe keine Chance für einen ordentlichen Haushalt, in dem wichtige Ausgaben wie im Sozial- und Bildungsbereich noch finanziert werden könnten. Deshalb müsse man im Zweifel wieder vors Bundesverfassungsgericht ziehen, sagt Hickel. Die Nachteile eines Stadtstaats als Hauptstadt ohne Umland müssten ausgeglichen werden. Einer Auflösung des kleinsten Bundeslandes erteilt der Ökonom eine glasklare Absage: "Damit ist kein Problem gelöst."Die Finanzsenatorin sieht das geltende Steuersystem als zentrales Problem der Haushaltsmisere. Die Wirtschaftskraft Bremens mit dem zweitgrößten Brutto-Inlandsprodukt je Einwohner werde darin nicht ausreichend berücksichtigt. Zugleich räumt Linnert Fehlinvestitionen ein. "Natürlich kann man in Bremens Vergangenheit alle mögliche Sachen finden, wo verschwendet wurde", sagt die Grüne. Die Frage sei jedoch, ob das verschwendete Geld "in irgendeinem Verhältnis steht zu den Finanzproblemen, die wir haben". Nach Ansicht von Hickel hat die jetzige rot-grüne Regierung erkennbar aus den Fehlern der vorangegangenen großen Koalition gelernt: "Man setzt nicht mehr auf riskante Großprojekte."

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