Die Murks-Maut, ein politisches Armutszeugnis

Es ist eine herbe Niederlage, für das Saarland ebenso wie für Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und zuletzt auch Brandenburg. Sie alle hatten die Pkw-Maut in der Variante von Minister Alexander Dobrindt vehement abgelehnt. Doch der Bundesrat ließ die Vorlage passieren. Die Entscheidung ist obendrein ein politisches Armutszeugnis für die Kritiker in den Ländern, weil sie nicht in der Lage waren, gerade angesichts knapper Stimmenverhältnisse im Bundesrat einen festen Block zu bilden, um die "Infrastrukturabgabe" in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Denn dort hätte man womöglich wichtige Korrekturen für die Grenzregionen herausholen können. Und darum ging es nach eigenem Bekunden den meisten Landesregierungen, nicht etwa um eine grundsätzliche Blockade des CSU-Projekts.

Es liegt zwar im Wesen des föderalen Systems, dass man um Vorhaben ringt, dass ab und an über politische Zustimmung oder Ablehnung verhandelt wird wie auf einem Basar. So war es bei mancher Steuerreform in der Vergangenheit, so lief es jetzt auch bei der Pkw-Maut. Aber angesichts der bajuwarischen Drohkulisse muss einigen Bundesratsvertretern der Mut abhanden gekommen sein. Das ist peinlich. Wo man doch sonst immer so selbstbewusst auftritt, auch und gerade gegen die große Koalition in Berlin.

Ausbaden müssen die Schlappe demnächst Handel, Tourismus und Wirtschaft in den betroffenen Gebieten. Dass Bundesstraßen von der Maut ausgenommen werden, ist für diese Regionen nur ein schwacher Trost. Andererseits muss man aber auch klar sagen: Chapeau, Alexander Dobrindt. Er und seine CSU beherrschten das Bundesratsspiel aus Druck und Gegendruck deutlich besser als die Länder. Doch womöglich freut sich der Minister zu früh. Der Triumph könnte nämlich bald zerbröseln wie ein Keks.

Nachbarländer wie Österreich wollen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Maut klagen - und, noch heikler: Im September steht die Bundestagswahl an. Falls die CSU aus der Regierung fliegt und damit Dobrindt aus dem Amt, müssen sich die heutigen Kritiker womöglich daran messen lassen, ob sie willens sind, aus der Murks-Maut doch noch etwas Vernünftiges zu machen. Denn dass die Abgabe satte Mehreinnahmen einbringen wird, glaubt auch Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht wirklich. Funktionieren würde das wohl nur über die Nutzerfinanzierung samt ökologischer Komponente für alle, ohne Ausgleich. Dass deutsche Autofahrer unterm Strich nicht höher belastet werden als jetzt, damit rechnet ohnehin kaum jemand in Berlin.

Für Dobrindt und die CSU heißt es freilich bis zur Wahl im September: jubeln und den bayerischen Wählern erklären, dass man geliefert und Wort gehalten hat. Nur das zählt für den Verkehrsminister und seinen Parteichef Horst Seehofer. Alles andere ist da erst einmal zweitrangig.

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