Die Luft wird dünn für Ehud Olmert

Jerusalem. In der neuen Korruptionsaffäre zieht sich die Schlinge um den Hals von Israels Premierminister Ehud Olmert zu. Wieder steht der Chef des Staates, der gerade sein 60-jähriges Gründungsjubiläum feiert, im Verdacht, Schmiergelder kassiert zu haben. Es ist bereits das vierte Untersuchungsverfahren gegen Olmert

Jerusalem. In der neuen Korruptionsaffäre zieht sich die Schlinge um den Hals von Israels Premierminister Ehud Olmert zu. Wieder steht der Chef des Staates, der gerade sein 60-jähriges Gründungsjubiläum feiert, im Verdacht, Schmiergelder kassiert zu haben. Es ist bereits das vierte Untersuchungsverfahren gegen Olmert. Bislang ist es ihm immer gelungen, sich einer Gerichtsverfolgung zu entziehen. Doch dieses Mal stehen die Dinge anders: Es geht um hunderttausende US-Dollar, die direkt auf Olmerts Privatkonto geflossen sein sollen. Und was noch schlimmer für den Premier ist: Einer der Mitverdächtigen, sein langjähriger Anwalt Uri Messer, kooperiert bei den Verhören mit der Polizei. Möglicherweise wird er als Kronzeuge auftreten, sollte es zu einem Prozess kommen.Vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush in der kommenden Woche ist wohl kaum mit Dramen zu rechnen, obschon die Verhöre bis dahin fortgesetzt werden. Solange keine Anklage gegen ihn erhoben wird, will Olmert jedenfalls nicht zurücktreten. Es ist aber denkbar, dass ihm seine politischen Verbündeten diesmal auf die Sprünge helfen. Die zentrale Figur heißt Ehud Barak, der Chef des größten Koalitionspartners, der Arbeitspartei. Er soll die Chancen Olmerts nach einer Besprechung mit ihm auf "fifty-fifty" eingeschätzt haben. Damit ist er jedoch deutlich optimistischer als die gesamte israelische Presse. Barak lässt sich bei der Entscheidung für oder wider die Koalition von zwei Faktoren beeinflussen. Zum einen wird er ein sehr offenes Ohr für die Stimmung im Volk haben und aufmerksam die kommenden Umfragen studieren. Zum anderen treibt ihn das politische Kalkül, inwieweit ein Austreten aus der Regierung und damit zwingend vorgezogene Neuwahlen zum aktuellen Zeitpunkt günstig für ihn und seine Partei ist. In keinem Fall eilt es Barak mit einer Entscheidung. Wer weiß schon, ob sich die Sache nicht noch in Luft auflöst wie in früheren Fällen. Premierminister Olmert weist alle Vorwürfe von sich. Er habe "niemals auch nur einen Penny" für sich selbst verwendet. Die Spendengelder, die der New Yorker Geschäftsmann Morris Talansky für ihn mobilisiert habe, seien allesamt in seine Wahlkämpfe geflossen. Dabei geht es um die Jahre 1999 bis 2003, als Olmert erst Bürgermeister von Jerusalem und später Handels- und Industrieminister war.In der Opposition hingegen brodelt es. Von rechts wie von links kommen Rücktrittsaufrufe, und selbst innerhalb der Kadima ist man alles andere als glücklich über die neue Affäre. 61 der 120 Abgeordnetenstimmen wären nötig, um Olmert zu Fall zu bringen und einen anderen Kandidaten mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen. Die Koalition hat nur noch eine knappe Mehrheit von 64 Sitzen. Sollte Olmert von sich aus zurücktreten, wäre die Prozedur dieselbe.Doch der politischen Überlebenskunst des Premierministers sind keine Grenzen gesetzt. Vielleicht schiebt ihn der drohende Prozess nun gerade an, einen historischen Weg mit den Palästinensern einzuschlagen. Ehud Olmerts Vorgänger Ariel Scharon bewahrte letztendlich auch der damals von ihm vorangetriebene Abzug aus dem Gazastreifen vor der gerichtlichen Verfolgung. Allerdings nur ihn. Omri, sein Sohn, musste sich aufgrund ganz ähnlicher Vorwürfe, wie sie jetzt gegen Premier Olmert erhoben werden, vor kurzem zu seinem achtmonatigen Haftantritt im Gefängnis einfinden.

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