Leitartikel Interne Konflikte der Linken werden nur zugekleistert

Für die Linke ist 2019 ein Schlüsseljahr. Denn bei den anstehenden Wahlen wird sich zeigen, ob ihr die AfD endgültig den Rang als Protestpartei abläuft oder nicht. Zugleich träumen viele Linke noch immer von einem Schulterschluss mit SPD und Grünen.

Die Linke kleistert interne Konflikte vor wichtigen Wahlen 2019 bislang nur zu
Foto: SZ/Robby Lorenz

Dazu müsste man sich aber erst einmal untereinander grün sein. Doch im Kern werden die internen Konflikte nur zugekleistert. Die Selbstlähmung ist zweifellos eine Paradedisziplin der Linken.

Immerhin gibt es derzeit keine offenen wechselseitigen Beschimpfungen. Angesichts der vielen Querelen ist das schon ein gewisser Fortschritt. Nach wie vor schwelt beispielsweise der Unmut über einen Programmentwurf des Vorstandes für die Europawahl im Mai. Dass die EU darin als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ bezeichnet wird, ist für das Lager der Reformer unannehmbar. Diesem Konflikt kann die Partei nicht ausweichen. Besonders viel internen Ärger zieht jedoch regelmäßig Sahra Wagenknecht auf sich. Die von der Fraktionschefin initiierte Sammlungsbewegung „Aufstehen“ ist zum potenziellen Spaltpilz der Linken geworden. Bis vor wenigen Wochen lag deshalb sogar ein Putsch gegen Wagenknecht in der Luft. Doch dämmerte offenbar allen Beteiligten, dass man sich eingedenk des wichtigen Wahljahres nicht selbst zerlegen sollte.

Die politische Großwetterlage ist ja auch nicht völlig hoffnungslos für die Linke. Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen, die zeitgleich mit der Europawahl stattfindet, besteht theoretisch sogar die Chance für eine direkte Regierungsbeteiligung. Es wäre die erste in einem westdeutschen Bundesland. Für das amtierende Bündnis aus SPD und Grünen allein könnte es rechnerisch nicht mehr reichen. Überhaupt hat die Führung der Linken ihr Werben für eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit zuletzt wieder verstärkt. Kein Wunder. Neuerdings begeistert sich die SPD zum Beispiel für eine Kindergrundsicherung und einen Mindestlohn von zwölf Euro. Bei der Linken rennt sie damit offene Türen ein. Auffällig auch, dass die Linke ihr ökologisches Herz entdeckt, um bei jüngeren Wählern im Westen zu punkten. In Ostdeutschland könnte sie es damit allerdings schwerer haben. Ein Ausstieg aus der Braunkohle „bis spätestens 2035“, wie es die Parteiführung fordert, ist zumindest für die Wahlen in Brandenburg und Sachsen nicht unbedingt ein Punktgewinn. Denn dort sorgen sich die in der Braunkohle Beschäftigen um die Zukunft. Besonders viel hat die Linke aber in Thüringen zu verlieren, wo ebenfalls gewählt wird. Hier stellt sie mit Bodo Ramelow ihren einzigen Ministerpräsidenten. Und zumindest in Sachsen und Brandenburg liegt die rechtspopulistische AfD in den aktuellen Umfragen deutlich vor der Linken.

Voraussichtlich im September steht der Partei übrigens selbst noch eine brisante Wahl ins hinaus: Die Linksfraktion im Bundestag muss dann turnusgemäß eine neue Führung bestimmen. Spätestens dann dürfte der Konflikt um Wagenknecht wieder grüßen lassen.

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