Die Lehren der Athen-Krise

Meinung · Die Spekulanten haben sich verzockt. Griechenland wird nicht alleingelassen. Was die 16 Euro-Staaten gestern in Gang gesetzt haben, ist die wohl umfangreichste Rettungsaktion in der Geschichte Europas. Bis zu 120 Milliarden Euro in drei Jahren - es macht keinen Sinn mehr, auf den Untergang der Gemeinschaftswährung zu wetten. Auch mit anderen Spekulationen kann man aufräumen

Die Spekulanten haben sich verzockt. Griechenland wird nicht alleingelassen. Was die 16 Euro-Staaten gestern in Gang gesetzt haben, ist die wohl umfangreichste Rettungsaktion in der Geschichte Europas. Bis zu 120 Milliarden Euro in drei Jahren - es macht keinen Sinn mehr, auf den Untergang der Gemeinschaftswährung zu wetten. Auch mit anderen Spekulationen kann man aufräumen. Dazu gehört die Furcht vor einem Verlust der bereitgestellten Gelder: Athen wird die Kredite zurückzahlen (wollen). Es wird somit Zeit, die Frage nach den Lehren der Schlacht um Athen zu stellen. Dabei kann das Credo des US-Präsidenten "Verpasse nie eine gute Krise" gelten. Das Desaster hat schonungslos die Schwachpunkte der Euro-Länder offengelegt. Dazu gehört die Schieflage der europäischen Wirtschaft, wo Deutschland seine vergleichsweise Stabilität auf Kosten der Nachbarn vorrangig über den Export erwirtschaftet. Die Bundesrepublik wird sich massiveren Forderungen nach einer stärkeren Binnennachfrage gegenübersehen. Zu Recht.Damit nicht genug. Bei der Einführung der Gemeinschaftswährung fragten sich viele Kritiker, was passieren wird, wenn man die schwache griechische Drachme oder italienische Lira mit der starken D-Mark vermengt. Sie wurden mit dem Euro-Pakt beruhigt, der für strikte Kontrolle sorgen sollte. Es waren Deutschland und Frankreich, die die Bestimmungen aus eigenem Interesse so weich spülten, dass jede disziplinierende Wirkung am Ende dahin war. Das konnte nicht gutgehen. Nicht der Euro ist eine Fehlkonstruktion, sondern die Anwendung der richtigen Begleitgesetze mangelhaft. Der Ruf "Hände weg vom Euro-Pakt" muss auch dann gelten, wenn die Großen zu Haushaltsündern werden.Sollte die Euro-Zone aus diesen Lehren Konsequenzen ziehen, könnte sie tatsächlich gestärkt aus der beispiellosen Krise hervorgehen. Vorausgesetzt, sie hat den Mut, Griechenland und die anderen Pleite-Kandidaten nicht aufzugeben, sich aus dem Würgegriff dubioser Rating-Agenturen zu befreien, die Brüsseler Prüfer die Etatzahlen auch wirklich selbst verifizieren zu lassen und sich einem strengen Kontroll- sowie Straf-Regime der Kommission zu unterwerfen. Das mag verfassungsrechtlich schwierig sein. Es ist aber allemal einfacher, als ständig für die Sünden von unsolide wirtschaftenden Regierungen einstehen zu müssen. Für die Euro-Zone beginnt nun erst die eigentliche Arbeit. Dabei darf es keine Tabus geben. Denn auch das hat das griechische Haushalts-Fiasko gezeigt: Entweder man steht zusammen oder geht zusammen unter.

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