Die Kardinäle schreiten zur großen Reform

Rom · Der Pontifex wirkt rastlos. Franziskus ist oft unterwegs, spricht viel und gern. Zurzeit tagen im Vatikan auch noch wichtige Beratungsgremien, teilweise unter Vorsitz des Papstes. Manch ein Monsignore aus der Kurie wundert sich, mit welcher Hast Franziskus durch sein Pontifikat eilt.

Manche würden sagen: stolpert. Denn in der Kurie gelten seine jüngsten umstrittenen Äußerungen zu Karnickeln, Fausthieben oder Schlägen für Kinder mehrheitlich als Betriebsunfälle.

Jorge Mario Bergoglio ist 78 Jahre alt. Darin liegt seine Hast wohl zum Teil begründet: Der Papst hat einen konkreten Auftrag, aber nicht ewig Zeit, ihn auszuführen. In den Beratungen vor dem Konklave 2013, in dem der Erzbischof von Buenos Aires zum Papst gewählt wurde, stellten die Kardinäle klare Forderungen an den nächsten Pontifex: Die skandalösen Verhältnisse in der römischen Kurie müssten sich ändern, die Finanzen des Vatikan sollten in Ordnung gebracht und die Ortskirchen gegenüber der Zentrale in Rom gestärkt werden.

Angesichts dieser großen Aufgaben bringt Franziskus so viele Steine wie möglich ins Rollen. Vorigen Freitag kam der von Franziskus geschaffene Wirtschaftsrat unter Führung des Münchner Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx zusammen, der für die Neuordnung der Vatikangüter und -finanzen zuständig ist. Auch die neue Kommission zum Kinderschutz tagte. Und seit Montag konferiert der ebenfalls von Franziskus eingerichtete neunköpfige Kardinalsrat (K9). Das Gremium unter Leitung des Honduraners Oscar Rodriguez Maradiaga beschäftigt sich derzeit mit der Reform der Kurie, also der Kirchenverwaltung in Rom . Heute und morgen versammelt der Pontifex nun die Purpurträger aus aller Welt zu einem Konsistorium im Vatikan . Hinter verschlossenen Türen sollen die Kardinale über den Stand der Reformen informiert werden - und Franziskus will auch ihre Meinung zu den Fortschritten hören.

Dass dabei Konflikte offen ausgefochten werden, erwarten Experten nicht. Auch wenn die Kurienreform durchaus die Gemüter erhitzt. Der Papst verfolgt vor allem zwei Ziele: Das bislang extrem einflussreiche Staatssekretariat soll Macht abgeben und zum Dienstorgan werden. Und die inzwischen 16 päpstlichen Räte sollen zusammengefasst werden. Franziskus will verschiedene Räte in zwei neuen Einheiten aufgehen lassen - eine für soziale Fragen, die andere für Fragen der Pastoral und der Laien. Dabei soll auch die Zahl der Kurienkardinäle reduziert werden. Kurienkardinäle sind im Konklave wahlberechtigt, stehen aber keiner Diözese vor. Die neun Kongregationen, die eigentlichen päpstlichen Ministerien, bleiben dagegen weitgehend unberührt.

Der erste große Schritt der Reform war die Einrichtung eines Wirtschaftssekretariats unter der Leitung des australischen Kardinals George Pell . Und natürlich gibt es auch Kritik an den Reformplänen, zumal diese längst nicht ausgegoren sind und erst in den kommenden Jahren komplett umgesetzt werden dürften. Bemängelt wird vor allem, dass Kompetenzen nicht klar abgegrenzt seien. Zudem sei die Stimmung in der Kurie schlecht. Der Papst lasse sich ungern beraten, heißt es im Vatikan .

Gelingt Franziskus jedoch das Reformprojekt, das heute eine wichtige Etappe erreicht, dann dürfte damit auch der Unmut über seine saloppen Worten etwas besänftigt werden.

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