Darum geht es jetzt bei Jamaika Die Jamaika-Runde wagt den nächsten Versuch

BERLIN Die Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen gehen in eine entscheidende Phase. Denn nach den heftigen Scharmützeln in der letzten Woche und der Vertagung der Gespräche wegen der Streitereien um die Klima- und Zuwanderungspolitik wollen die potentiellen Partner an diesem Montag wieder den Versuch unternehmen, inhaltliche Gemeinsamkeiten auszuloten. Die Tagesordnung ist lang: Es wird um Soziales, Bildung, Digitales und Innere Sicherheit gehen. Und: Noch einmal um Atmosphärisches. Denn die Stimmung ist mies, weil bisher keine Partei bereit gewesen ist, von eigenen Forderungen abzurücken. Dem Vernehmen nach werden auch noch einmal die Streitthemen Migration (Familiennachzug) und Klimapolitik (Kohleausstieg) aufgerufen. Ein Überblick:

 Marcus Pretzell.

Marcus Pretzell.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Rente: Größter Knackpunkt ist die von der CSU geforderte Verbesserung der Mütterrente. Schon in der letzten Wahlperiode hatte es hier einen Nachschlag gegeben. Allerdings sind Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, rentenrechtlich trotzdem noch nicht mit den Müttern jüngerer Kinder gleichgestellt. Diese Lücke will die CSU nun schließen. Kosten: satte sieben Milliarden Euro jährlich. Andererseits wollen Union und Grüne die Renten für Geringverdiener aufstocken. Die Grünen streben dazu eine „Garantierente“ von mindestens 850 Euro an. Das wiederum lehnt die FDP ab.

Arbeit: Das erklärte Ziel der Union, bis spätestens 2025 Vollbeschäftigung zu erreichen, können eigentlich alle Beteiligten unterschreiben. Allerdings wollen die Grünen die sachgrundlose Befristung streichen und dafür sorgen, dass Leiharbeiter vom ersten Tag an den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft bekommen. Die FDP dagegen sieht alles mit Skepsis, was einem flexiblen Arbeitsmarkt zuwider läuft.

Gesundheit: Mit ihrer Forderung nach Einführung einer Bürgerversicherung, bei der der auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen, dürften die Grünen auf verlorenem Posten stehen. Denn am Nebeneinander von gesetzlichen und privaten Kassen wollen Union und FDP nicht rütteln. Darüber hinaus drängen die Grünen auf eine Rückkehr zur jeweils hälftigen Beitragszahlung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darüber wird es sicher zu Kontroversen kommen.

Innere Sicherheit: Deutschland soll sicherer werden – und zwar durch mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden und der Justiz. Dafür treten alle Verhandler ein. Der Union ist es darüber hinaus wichtig, dass die von der großen Koalition beschlossenen Sicherheitsgesetze nicht angetastet werden. Die Grünen hingegen lehnen Gesetzesverschärfungen ab. In der Frage ist man nahe bei der FDP – ihr Grundsatz für die Sondierungen lautet: kein lückenlose Überwachung, Privates muss privat bleiben.

Bildung: Grüne und FDP wollen zwar das Kooperationsverbot abschaffen, damit der Bund den Ländern finanziell stärker unter die Arme greifen kann. Aber zum handfesten Streit taugt diese Forderung nicht. Die Leitlinien für die Sondierungen sind bei allen Parteien gleich: Mehr Investitionen, mehr Lehrer, mehr und bessere Betreuung.

Digitalisierung: Auch hier sind keine ernsthaften Konflikte in Sicht. Alle wollen schnell und zügig mehr Geld in den Breitbandausbau investieren, um den Anschluss an andere Länder nicht zu verlieren. Auch ist man sich einig, dass das Thema in der nächsten Regierung einen deutlich höheren Stellenwert haben muss. So wollen es die Grünen „im Kabinett eigenständig vertreten“ sehen, die Union will einen Staatsminister benennen und die FDP träumt sogar von einem Digitalministerium.

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