Die Großregion als Labor für gute Zusammenarbeit

Saarbrücken · An diesem Sonntag sind genau 20 Jahre seit dem ersten Gipfeltreffen der Großregion Saar-Lor-Lux vergangen. Ein Anlass, sowohl zurück als auch nach vorne zu schauen. Vieles wurde in diesen zwei Jahrzehnten an interregionalen Entwicklungen angestoßen und auf den Weg gebracht.

Die Zahl der Grenzgänger in der Großregion ist auf mehr als 210 000 gestiegen. Gerade bei uns hat also die Mobilität der Arbeitnehmer im europäischen Vergleich ein ungeahntes Ausmaß erreicht. Das Saarland hat die Bildung einer Task Force angestoßen, die sich mit den speziellen Problemen der Grenzgänger beschäftigt. Geschaffen wurde zudem ein Universitätsverbund, Forschungspreise wurden gestiftet, das Haus der Großregion wurde eröffnet, die europäische Kulturhauptstadt 2007 gemeinsam als "Luxemburg und Großregion" organisiert. Dies sind nur einige Beispiele für Projekte, die vom Gipfel angestoßen wurden. Oft sind diese Projekte mit Mitteln des EU-Interreg-Programms gefördert worden.

Die Gipfeltreffen haben die Großregion zu einem Labor der europäischen Zusammenarbeit weiterentwickelt. In unserer Großregion ist die Basis eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie sie längst nicht überall in europäischen Grenzregionen zu finden ist. Auf allen Ebenen gibt es Gespräche, Initiativen und Begegnungen, die der Politik Impulse geben, das Zusammenwachsen zu intensivieren.

Die Zusammenarbeit in der Großregion wird durch vielschichtige Instrumente der politischen Abstimmung geprägt. Leider haben nicht alle Partnerregionen die volle Zuständigkeit zur Lösung wichtiger Fragestellungen. Dies gilt gerade bei Themen, die uns in allen Teilen von Saar-Lor-Lux konkret betreffen, zum Beispiel die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung, grenzüberschreitende Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, grenzüberschreitende berufliche Ausbildung und die Sprachenpolitik. Deshalb hat der Präsident des Departements Moselle, Patrick Weiten, im Rahmen der französischen Territorialreform vorgeschlagen, den französischen Grenzregionen den Status von Euroregionen mit Experimentierrechten zu geben. Dieser Gedanke ist auch auf andere Partner in der Grenzregion übertragbar. Ich unterstütze diesen Vorschlag, denn wir alle gewinnen, wenn die Handlungsspielräume vor Ort größer werden.

Das Saarland hat Anfang der 2000er Jahre die Entwicklung eines neuen Leitbildes für die Großregion angestoßen. In diesem "Zukunftsbild 2020" wird ein politischer Repräsentant der Großregion gefordert, wie er in der Benelux-Union bereits existiert. Die Koalitionsparteien im Saarland haben in ihrem Koalitionsvertrag einen "Generalsekretär für die Großregion" vorgeschlagen. Saar-Lor-Lux bekäme damit eine Stimme, die Großregion würde erkennbarer und schlagkräftiger.

Entscheidend ist auch, ob wir in Zukunft eine stärkere gemeinsame Identität als Großregion entwickeln. Wir sind nicht nur Deutsche, Franzosen, Belgier und Luxemburger; wir sind auch Bürgerinnen und Bürger der Großregion. Diese Identitäten arbeiten nicht gegeneinander, sondern unterstützen sich wechselseitig. Zusammengehörigkeit ist das, was wir in diesen Tagen in Europa mehr denn je brauchen. Stephan Toscani (CDU ) ist im Saarland Minister für Finanzen und Europa.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort