Die große Koalition ist schon vor der Wahl das Ziel

Wien · Große Koalition – in Österreich ist das schon vor der Parlamentswahl an diesem Sonntag erklärtes Ziel. Jetzt müssen nur noch die Wähler mitspielen.

Und die lassen den sozialdemokratischen Bundeskanzler Werner Faymann und den Spitzenkandidaten der konservativen ÖVP, Vizekanzler Michael Spindelegger, nun zittern: Nach den jüngsten Umfragen kommt ihr Bündnis nur knapp auf 50 Prozent.

Ob die "beliebteste unbeliebte Regierungsform" des Alpenlandes fortbesteht, hängt auch davon ab, wie viele Parteien die geltende Vier-Prozent-Hürde überwinden. Die Grünen und die rechte FPÖ sind mit geschätzt zwölf und 20 Prozent eigentlich sicher dabei. Ziehen auch die Ex-Jörg-Haider-Partei BZÖ, die Truppe des Milliardärs Frank Stronach und die kleine liberale Neos-Partei in den Nationalrat ein, wären dort sieben Fraktionen vertreten. So ein buntes Parlament gab es in Wien noch nie.

Die große Koalition ist die mit Abstand häufigste Regierungsform in Österreich. Kritiker bemängeln, beide Großparteien hätten das Land schon seit Jahrzehnten unter sich aufgeteilt, ohne schwarzes oder rotes Parteibuch sei eine Karriere deutlich schwieriger. Diesen "Stillstand" und die verkrusteten Strukturen aufzubrechen, ist erklärtes Ziel aller Oppositionsparteien von links bis ganz rechts. Rund ein Drittel der Bürger wünschen sich allerdings eine Neuauflage der scheidenden Koalition.

Der Kanzler und sein Vize, beide grauhaarig und eher ruhig, arbeiteten dem Anschein nach bisher gut zusammen. Im Wahlkampf sparten sie zwar nicht mit gegenseitigen Angriffen, die wirkten aber teilweise wie ein Schaukampf. Unter anderem bei Ganztagsschulen, Kinderbetreuung, gesetzlichem Mindestlohn oder Reichensteuern liegen die Positionen von SPÖ und ÖVP tatsächlich auseinander.

In mehr als einem Dutzend Fernseh-Duellen kamen zwar auch die zentralen Wahlkampfthemen wie Steuern, Bildungsreform und Vermögensverteilung zur Sprache. Bei den Zuschauern dürfte aber eher das Emotionale hängen bleiben: Grünen-Chefin Eva Glawischnig hielt bunte Tafeln in die Kameras, Milliardär Stronach wünschte sich weniger kritische Fragen, die Koalitionspartner debattierten per Du.

Auf den Plakaten setzt die rechte FPÖ nach den Hetzparolen früherer Jahre diesmal auf Subtileres: Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache lächelt neben dem Slogan "Liebe deinen Nächsten - Für mich sind das unsere Österreicher". Ihr Anti-EU-Kurs eint sie mit dem "Team Stronach", das ihr schon bei Landtagswahlen Wähler abjagte. Der 81-jährige Gründer des Autoteile- Zulieferers Magna betreibt keine Ausländerhetze, vertritt jedoch ebenfalls eine systemkritische Linie. Zweistellige Werte zu Anfang des Wahlkampfs verspielte Stronach aber mit teils schlecht vorbereiteten und wirren Auftritten, aktuell prognostizieren Umfragen sechs bis zehn Prozent. Bei den neugegründeten Neos will ein weiterer Ex-Konzernchef mit Wirtschaftskompetenz punkten: Der Gründer des Bau-Konzerns Strabag, Hans Peter Haselsteiner, warnt vor der Annahme, dass die Wirtschaftskrise schon überstanden sei .

Die Grünen bespielen ihr Öko-Kernthema und geben sich zugleich als einzige Partei, die in keinen der zahlreichen Korruptions-Skandale im Land verwickelt ist. Ein nicht enden wollender Streit um Österreichs größte Einkaufsstraße, die nach dem Willen der Wiener Grünen verkehrsberuhigt sein soll, kostete aber zuletzt bundesweit Sympathien.

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