Die große Angst vorm Feind im Internet

Berlin · In der Union rieb man sich gestern etwas verwundert die Augen: "Da brauchen wir mehr Butter bei die Fische", meinte Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer mit Blick auf die Anregung von SPD-Mann Thomas Oppermann , ein Fairness-Abkommen der Parteien für den Wahlkampf im Internet abzuschließen. Es sei ohnehin "eine Selbstverständlichkeit", ergänzte der CDU-Politiker, sich möglichst fair zu verhalten. Hinter dem Verlangen aus der SPD steckt freilich weit mehr als nur die Forderung nach einem freundlichen Umgang: Die Genossen hoffen, dass alle Parteien sich per Selbstverpflichtung gegen das wappnen, was im kommenden Jahr im Bundestagswahlkampf auf sie zukommen wird: Hackerangriffe, Fake-News, Meinungsmache durch computergesteuerte Programme, durch "Trolle" und "Social Bots".

In der Vergangenheit hatten sich die Parteien öfter mal abgesprochen, aber da handelte es sich zum Beispiel um die Frage, wann man mit der Plakatierung im Wahlkampf beginnt. Nicht zu vergleichen ist das mit dem, worum es jetzt geht - um den "Feind im Netz", wie Grosse-Brömer meinte. Die SPD will daher festzurren, dass keine Partei von Computern erzeugte Nutzerprofile einsetzt, mit denen positiv und negativ kommentiert wird. Oder andere Meinungsroboter. Das plant die Union sowieso nicht, wie sie unlängst erklärte. Nur die AfD denkt über Derartiges nach. Und anders als im US-Wahlkampf hoffen die Genossen, dass hierzulande alle sehr sorgsam auf plötzlich aufkommende Verdächtigungen oder gezielte Desinformationen im Netz reagieren. Das will die Union auch. Diesbezüglich stehe jeder in der Verantwortung, hieß es.

Ein Fairness-Abkommen ist somit eher unwahrscheinlich. Doch was tun gegen gefälschte Nachrichten, gegen die Einflussnahme von außen auf die Bundestagswahl beispielsweise durch russische Hacker? "Die Abwahl von Angela Merkel wäre für Putin ein ziemlicher Erfolg", warnte Grosse-Brömer. Neben den Nachrichtendiensten, die Versuche der Destabilisierung abwehren und analysieren müssten, sieht er vor allem Justizminister Heiko Maas (SPD ) in der Plicht. Dieser müsse endlich liefern, damit soziale Netzwerke wie Facebook "haftungsrechtlich" zur Verantwortung gezogen werden könnten, wenn "Grenzen überschritten werden". Bei der Verbreitung von Fake-News müsse Maas zudem prüfen, betonte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt , "ob wir rechtlichen Handlungsbedarf haben". Das gelte auch für Beleidigungen im Netz. Hasselfeldt ergänzte, sie unterstütze die Forderung nach Bußgeldern, wenn gefälschte Nachrichten oder üble Verleumdungen nicht zügig gelöscht würden.

Diese Idee stammt von Volker Kauder . Der Unionsfraktionschef meinte gestern, er habe mit Maas für Anfang 2017 Gespräche darüber vereinbart, wie Facebook dazu zu bringen sei, Verleumdungen schneller von den Seiten zu streichen. Es gebe erhebliche Zweifel, ob die großen sozialen Netzwerke ihren Verpflichtungen beim Löschen von Hasskommentaren oder falschen Nachrichten nachkämen. Auch die Frage von Bußgeldern werde deswegen geprüft. Oppermann riet, den bestehenden rechtlichen Rahmen "konsequent auszuschöpfen". Allerdings werde die Koalition "bei Defiziten nachschärfen". Fest steht: Das nächste Jahr wird eine Herausforderung.

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