Die Grenzen der Freiheit

Für den Gesetzgeber bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das BKA-Gesetz zunächst einmal: nachbessern und korrigieren. Eine herbe Niederlage war das aber nicht - anders als in der Vergangenheit, als die Richter einige Sicherheitsgesetze gleich ganz einkassierten, weil sie dem Grundgesetz widersprachen.

Die Anschläge von Paris und Brüssel sowie die anhaltende Terrorgefahr in Deutschland haben die roten Roben in Karlsruhe offenbar nicht unbeeindruckt gelassen. Zum Glück. Der Staat muss im Kampf gegen Terrorismus seine gesetzlichen Mittel schärfen, gegebenenfalls ausweiten. Das ist er seinen Bürgern schuldig, denen er Schutz und Sicherheit verspricht. Und die er nach Attentaten stets auffordert, das freiheitliche Leben nicht aufzugeben und Angreifern so die Stirn zu bieten.

Es geht um neue Bedrohungen. Da ist es richtig, dass die Politik Spielräume ausreizt - und dass unter Umständen Karlsruhe die verfassungsrechtlichen Grenzen dieser Spielräume aufzeigt. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen für die politisch Handelnden und in der Folge für die betroffenen Behörden. Dafür ist ein Verfassungsgericht ja da. Es muss die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit, zwischen Befugnissen der Dienste und den Persönlichkeitsrechten der Bürger immer wieder austarieren. Wohl wissend, dass sich die Gewichte verschieben.

Die Herausforderung für die staatlichen Stellen besteht inzwischen darin, mit Terroristen technologisch mitzuhalten, die global vernetzt und global aktiv sind. Dem trägt das Gericht mit seinem gestrigen Urteil Rechnung. Es hat Vorgaben gemacht, damit die beanstandeten Regelungen vorerst weiter angewandt werden können. Und auch der Zeitrahmen, in dem der Gesetzgeber bei den Erlaubnissen für das Bundeskriminalamt nachbessern muss, ist angemessen. Fesseln hat Karlsruhe dem BKA jedenfalls nicht angelegt.

Dass die Verfassungsrichter die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit einfordern, um den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu sichern, ist eine Selbstverständlichkeit. Zugleich gilt aber: Anders als früher ist privat eben nicht mehr ausdrücklich privat. Und zwar in vielen Bereichen des Lebens nicht mehr. Das muss jedem bewusst sein. Wer im Baumarkt gefährliche Substanzen in großer Menge kauft, wer im Netz terroristisches Gedankengut unterstützt oder mit Mörderbanden sympathisiert, tut dies nicht mehr in einem geschützten Raum. Und er bleibt angesichts moderner Technologie nicht mehr unerkannt. Warum auch? Die technischen Möglichkeiten zur Überwachung existieren. Sie müssen, sinnvoll geregelt, vom Staat genutzt werden dürfen. Denn sie schaffen die Voraussetzung, um effektiv vor Gefahren zu schützen. Wem das dann zu weit geht - der kann sich wieder nach Karlsruhe wenden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort