Die globale Koalition

Meinung · Die Reform des internationalen Finanzsystems geht weiter. Nicht so schnell, wie viele Experten es für nötig halten, aber immerhin. In Seoul haben die G20-Staaten eine Reihe neuer Impulse gesetzt, die dafür sorgen sollen, dass die Weltwirtschaft nicht noch einmal durch zügellose Spekulationen und undurchsichtige Geschäfte in die Knie gezwungen werden kann

Die Reform des internationalen Finanzsystems geht weiter. Nicht so schnell, wie viele Experten es für nötig halten, aber immerhin. In Seoul haben die G20-Staaten eine Reihe neuer Impulse gesetzt, die dafür sorgen sollen, dass die Weltwirtschaft nicht noch einmal durch zügellose Spekulationen und undurchsichtige Geschäfte in die Knie gezwungen werden kann. Globale Ungleichgewichte sollen künftig an gemeinsamen Maßstäben gemessen werden, der Internationale Währungsfonds (IWF) erhält eine Schlüsselfunktion bei der Moderation des Reformprozesses.Bis zu einem "neuen Bretton Woods"- also einem System fester Wechselkurse, wie es Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vorschwebt - ist es zwar noch ein weiter Weg. Aber zumindest der politische Rahmen, in dem über die Reformen verhandelt wird, hat sich grundlegend geändert. Nicht mehr etablierte Institutionen wie die Vereinten Nationen oder der IWF werden die Gespräche koordinieren, auch nicht das eingespielte Bündnis der G8-Staaten, das lange als inoffizielle Weltregierung agierte. Diese Aufgabe übernehmen nun die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union. Bisher sind die G20 weniger ein Bündnis als ein Verhandlungsforum. Doch als solches ist es für die großen Fragen der Weltpolitik besser geeignet als jede andere bestehende Plattform. Die G20 sind pragmatischer als die Uno. Aber sie umfassen dennoch zwei Drittel der Weltbevölkerung und 90 Prozent der globalen Wirtschaftsmacht. Wenn ein Streit im Rahmen der G20 nicht geschlichtet werden kann, dann werden auch andere Foren keine Einigung erzielen. Doch wie viel Konsens ist überhaupt möglich unter den etablierten Industrienationen und den aufstrebenden Schwellenländern? Der Test steht noch aus, denn bisher konzentrierten sich die G20 auf die vorwiegend technischen Fragen der internationalen Finanzordnung. Dafür war die Runde als Reaktion auf die Asienkrise der späten neunziger Jahre gegründet worden. Seit 1999 treffen sich die Finanzminister und Zentralbank-Chefs der Länder, um eine stabilere Wirtschaftsarchitektur zu entwerfen. Erst 2008 wurde das Thema zur Chefsache - ein Zeichen dafür, dass die Probleme des Finanzsystems eben nicht nur technischer, sondern auch politischer Natur sind.Sicher ist: Eine stabile Weltordnung kann es nur dann geben, wenn ihre Regeln die Interessen der Schwellenländer in ähnlicher Weise berücksichtigen wie die Bedürfnisse der reichen Nationen. Letztere können zwar womöglich ihren Wohlstand sichern, aber nicht ihren Wohlstandsvorsprung - und damit auch nicht die politische Macht, die jahrzehntelang darauf fußte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Zur Forderung von Verteidigungsminister zu Guttenberg, offen den Zusammenhang zwischen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik herzustellen, meinen die "Kieler Nachrichten": Als eine der größten Industrienationen der Welt ist Deutschland abhängig von
Zur Forderung von Verteidigungsminister zu Guttenberg, offen den Zusammenhang zwischen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik herzustellen, meinen die "Kieler Nachrichten": Als eine der größten Industrienationen der Welt ist Deutschland abhängig von